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Auswandern nach Uruguay

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Politik der Regierung Vázquez: PANES - Soforthilfe für die Ärmsten

Geschrieben von Manfred Burger   
Erstellt: Samstag, 21. November 2009

Foto: PANES-Helfer in Uruguay, April 2005. Der neue Präsident, Tabaré Vázquez, und die ihn stützenden politischen Parteien des Frente Amplio hatten vor den Wahlen einen Wandel der Politik "bis in die Wurzeln", hin zum Sozialen angekündigt. Und sie halten Wort: Während in Europa der Sozialstaat abgebaut wird, wird er hier wieder neu errichtet. Nach über anderthalb Jahrhunderten Politik für die Besitzenden wird nun in Uruguay auch Politik für die Bedürftigen gemacht.

Foto: PANES-Helfer in Uruguay: Voller Idealismus, mit Plakette an der Brust, per Pedes zur nächsten Armensiedlung. Die Einschreibeformulare für das nationale Nothilfeprogramm werden im Karton mitgeschleppt.

(Dieser Beitrag erschien am 14. 6. 2005 auf UrugayInfo.com.)

Marina Arismendi, Sozialministerin Uruguays"Armut und Not sind tiefe, offene Wunden im Herzen unserer Gesellschaft", sagt Marina Arismendi (55), die resolute Mandatsträgerin des erst vor zweieinhalb Monaten gegründeten uruguayischen Sozialministeriums (Ministerio de Desarrollo y Participación Social - MIDES). Ihr Minsterium befindet sich in von der staatlichen Sozialversicherungsbank (Banco de Previsión Social - BPS) geliehenen Räumlichkeiten, der Sessel, in dem sie sitzt, wurde ihr von ihren Mitarbeitern geschenkt.

Foto: Die uruguayische Sozialministerin Marina Arismendi bei einer Pressekonferenz anläßlich der Einweihung ihres Ministeriums am 30. März 2005.

Mit schmalem Budget ausgestattet, hat sie eine gigantische Aufgabe vor sich: die Umsetzung des sozialen Nothilfeprogramms der Regierung Vázquez mit dem emblematischen Namen "PANES", was übersetzt "Brote" heißt und bewußt an die biblische Speisung der Fünftausend gemahnt. (PANES steht für "Plan de Asistencia Nacional a la Emergencia Social".)

Ungefähr 40.000 Haushalte (200.000 Menschen) sollen von diesen Sofortmaßnahmen profitieren, mit deren Umsetzung am 1. April begonnen wurde, nur einen Monat nach der Regierungsübernahme. Innerhalb von zwei Jahren soll die extreme Armut in Uruguay beseitigt werden, mit einem Gesamtaufwand von 200 Millionen Dollar (70 Mio. 2005, 100 Mio. 2006, 30 Mio 2007). Begünstigt werden können nur Menschen, die gar nichts haben, d.h. Menschen und Familien, bei denen nicht einmal die täglichen Mahlzeiten gesichert sind. Haushalte, die über ein wenn auch noch so geringes regelmäßiges Einkommen verfügen, können nicht berücksichtigt werden.

Aufnahmeanträge können in den Zweigstellen der staatlichen Sozialversicherungsbank oder direkt bei den Mitarbeitern von PANES gestellt werden. Außerdem haben Mitarbeiter und freiwillige Helfer des Sozialministeriums und der Regierung schon vorab verschiedene Gegenden und Bezirke identifiziert, deren Bewohner für die Aufnahme in das Hilfsprogramm in Betracht kommen, überwiegend die bekannten (und zum Glück wenigen) Wellblech- und Elendsquartiere Montevideos und des Landesinneren. Erster Einschreibe- und Aktionstag war der der 4. April 2005.

"Manche können nicht warten"

"Manche können nicht warten" ("Algunos no pueden esperar"), lautet der zentrale Slogan, mit dem das Ministerium in TV-Kampagnen für PANES und dessen Unterstützung wirbt. PANES ist sozusagen das Markenzeichen des Wechsels, die soziale und humanitäre Visitenkarte der neuen Frente-Amplio-Regierung, die damit eines ihrer wichtigsten Versprechen von vor der Wahl einlöst. 1.363 Pesos wurden als Grundsicherung / Bürgergeld (span. "Ingreso Ciudadano") pro Person festgeschrieben, knapp 50 Euro, die die Nutznießer von PANES monatlich ausgezahlt bekommen.

Kritische Stimmen, die bemäkeln, daß hier "Leuten Geld in den Rachen geschmissen wird, die nicht arbeiten", gibt es nur wenige. Die Mehrheit der Bevölkerung steht hinter dem Hilsprogramm, schon aus Nationalstolz, wie nicht zuletzt die Heerscharen freiwilliger Helfer bezeugen. Außerdem werden die vorgesehen 200 Mio. USD sofort wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück fließen, denn die PANES-Begünstigten werden ihr Bürgergeld umgehend wieder ausgeben, um Lebensmittel, Kleidung und andere Dinge des täglichen Bedarfs zu kaufen.

Da Armut nicht vom Himmel fällt, sondern immer ein gesellschaftliches Problem ist, das nicht zuletzt auch mit dem Bewußtsein und der Bildung der betroffenen Menschen zu tun hat, lautet die zweite zentrale Parole des Programms: "Du mußt mithelfen, wenn Du nicht mehr arm sein willst." Auf die Erfüllung der Schulpflicht und die Aufklärung der Menschen ist dabei das Hauptaugenmerk der Regierung gerichtet.

Das Bürgergeld gibt es nicht umsonst. Mit seiner Vergabe sind strenge Auflagen verbunden, deren Nichteinhaltung zum sofortigen Ausschluß aus dem Programm führt. Die Nutznießer müssen gemeinnützige Arbeiten durchführen und nachweisen, daß ihre Kinder regelmäßig zur Schule gehen. Außerdem müssen alle Familienmitglieder periodisch zu ärztlichen Kontrolluntersuchungen. Zusammen mit dem staatlichen Jugendamt (Instituto Nacional de la Adolescencia del Uruguay - INAU) werden Aufklärungsprogramme mit obligatorischer Teilnahme z.B. über Verhütung (Sexualkunde) und die Folgen von Drogenkonsum durchgeführt.

Erster Zahltag und weiterer Ausbau

Am 25. Mai 2005 war der erste Zahltag. Als Zahlstellen fungierten die Filialen der Staatsbank "Banco República" (BROU). Am 6. Juni folgten weitere Zahlungen an in den Tagen danach neu in den Plan aufgenommene Familien. Ca. 11.000 Haushalte, die alle zuvor von Mitarbeitern und Freiwilligen des Sozialministeriums besucht worden waren, kamen so in den Genuß einer ersten Unterstützung.

Auf ihrer gestrigen Pressekonferenz informierte die Ministerin, daß am Wochenende 600 Mitarbeiter ihres Ministeriums und v.a. freiwillige Helfer (in erster Linie Schüler, Studenten und Lehrer) landesweit 3.011 Besuche durchgeführt haben, was zusammen mit den am vorausgehenden Wochenende gemachten Visiten eine Gesamtzahl von 4.635 neu besuchten Haushalten ergibt.

Danach stellte sie nochmals die Aufnahmebedingungen in den nationalen Nothilfeplan dar: Die verfügbaren Mittel eines Haushalts müssen unterhalb des von den zuständigen Stellen definierten Warenkorbs ("Canasta Básica Alimentaria") liegen, und/oder der Haushalt muß auf der "Kritische-Mängel-Skala" ("Índice de Carencias Críticas") einen hohen Wert erreichen. Diese Skala ist von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni entwickelt worden und berücksichtigt verschiedene Faktoren wie den Allgemeinzustand der Behausung, die gesundheitliche Verfassung der Bewohner, deren Ernährungslage, Bildung und Ausbildung, Berufs- und Arbeitsfähigket. 

 


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