Berlin: Dienstag 5.12.23 03:55 | Montevideo: Montag 4.12.23 23:55
Bilanz der Regierung Tabaré Vázquez V: Das neue Uruguay (Teil 3) |
Geschrieben von Manfred Burger | |
Erstellt: Freitag, 26. Februar 2010 | |
Hier der letzte Teil unserer Serie "Bilanz der Regierung Tabaré Vázquez", die sich an alle richtet, die sich wirklich für dieses kleine Land am Río de la Plata interessieren. In ihm geht es, etwas untypisch, um die Abtreibungsfrage sowie die in Uruguay erfolgte rechtliche Gleichstellung von nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften sowie von sexuellen Minderheiten. Foto: Mit der uruguayischen Flagge und Mineralwasser: Der scheidende Staatspräsident von Uruguay, Tabaré Vázquez, verabschiedete sich am Dienstag Rahmen einer Pressekonferenz mit den Worten er gehe "ohne Wehmut, mit erhobenem Haupt und sauberen Händen" (s. Uruguay al Día v. 23. 2. 2010). Am Sonntatg wird er noch eine Ansprache auf der Plaza Independencia halten. Jahrelange Diskussionen über sensible gesellschaftliche Themen kamen während der Regierungszeit von Tabaré Vázquez durch die Verabschiedung entsprechender Gesetze zu einem vorläufigen Abschluß. Veto gegen AbtreibungSpätestens seit März 2006 war das Thema Abtreibung in Uruguay wieder in der öffentlichen Diskussion dank eines Gesetzesprojekts unter der Federführung der Senatorinnen Mónica Xavier und Margarita Percovich, beide dem Regierungsbündnis Frente Amplio zugehörig.Die Sexualaufklärung sollte verbessert, der Zugang zu Verhütungsmitteln erleichtert und das Recht eines jeden Menschen auf sexuelle Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung dezidierter anerkannt werden. Gewalt und Mißbrauch innerhalb der Familien und Lebensgemeinschaften sollten entschlossener geahndet und den "lustvollen" Aspekten einer Beziehung prinzipiell Vorrang eingeräumt werden vor deren "biologischen" Funktionen.
Auch Abtreibungen während der ersten zwölf
Schwangerschaftswochen aus wirtschaftlichen, sozialen und/oder
persönlichen Gründen sollten legalisiert werden. Schwangerschaftsabbrüche sollten auch dann erlaubt sein, wenn
die
Gesundheit der Mutter auf dem Spiel steht und wenn beim Fötus Abnormitäten
festgestellt werden, die ein normales Leben außerhalb des Uterus als
unwahrscheinlich erscheinen lassen. Nachdem ihr Gesetzesprojekt alle parlamentarischen Hürden genommen hatte, erklärte Mónica Xavier, eine der Initiatorinnen des Gesetzes, gegenüber AFP zufrieden: "Daß die uruguayische Legislative ein Gesetz dieser Art verabschiedet hat, bedeutet einen riesigen Fortschritt, der es ermöglicht damit zu beginnen eine historische Schuld gegenüber den uruguayischen Frauen abzutragen in Sachen sexuelle Selbstbestimmung." (s. El País v. 11. 11. 2008). Sie hatte sich zu früh gefreut. Staatspräsident Tabaré Vázquez, im Zivilberuf Arzt und ein erklärter Abtreibungsgegner, hatte wiederholt angekündigt sein präsidentielles Veto gegen jedes Gesetz einzulegen, das Abtreibungen in irgendeiner Weise zulassen würde. Das erste Mal hatte er das bereits 2005 geäußert. Und am 27. November 2007 z.B. erklärte er klipp und klar: Das Gesetzesvorhaben "enthält sehr positive Elemente, die bewahrt werden müssen, aber es existieren andere, mit denen ich weder unter weltanschaulichen noch unter biologischen Aspekten einverstanden bin." Nur zwei Tage nach der Approbation des Gesetzesentwurfs durch den Senat legte Vázquez dann, wie nicht anders zu erwarten gewesen war, im Beisein seiner Gesundheitsministerin, María Julia Muñoz, sein Veto ein gegen die Gesetzesartikel, die die Abtreibung unter gewissen Voraussetzungen erlaubten (s. El País v. 14. 11. 2008). Um ein präsidentielles Veto aufzuheben, wären 60% oder mehr der Stimmen der anwesenden Abgeordneten jeder der beiden Kammern notwendig gewesen. Wenn alle Mandatsräger an der gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus ("Asamblea General" genannt, "Generalversammlung") teilgenommen hätten, hätte das mindestens 19 Senatoren bzw. 60 Abgeordneten des Repräsentantenhauses entsprochen. Im Senat war die Verteilung der insgesamt 31 Sitze (inklusive Senatspräsident) wie folgt: Frente Amplio: 17, Partido Nacional ("Blancos"): 11, Partido Colorado: 3, während die 99 Mandate des Repräsentantenhauses wie folgt vergeben waren: Frente Amplio: 52, Partido Nacional ("Blancos"): 36, Partido Colorado: 10, Partido Independiente: 1. Am 20. November trat die Asamblea General zusammen, um über das präsidentielle Veto zu beraten. Wie vorherzusehen kamen die erforderlichen Mehrheiten zur Aufhebung des Vetos nicht zustande. So wurde das Gesetz in einer revidierten Fassung ohne die Abtreibungsartikel beschlossen. Am 10. Dezember 2008 trat es in Kraft (hier der spanische Originaltext: Ley 18.426). Rechtliche Gleichstellung nicht-ehelicher PartnerschaftenAm 10. Januar 2008 trat das sog. "Konkubinatsgesetz" ("Ley de Unión Concubinaria") in Kraft, durch das nicht-eheliche Lebensgemeinschaften rechtlich Ehen gleichgestellt wurden, wenn die beiden Partner mindestens fünf Jahre ununterbrochen zusammen gelebt haben (hier der spanische Originaltext: Ley 18.246). Dadurch wurde eine gesellschaftliche Realität anerkannt, leben doch gut ein Drittel der Paare in Uruguay ohne Trauschein zusammen.Die Gleichstellung bezieht sich auf die Bereiche Gütergemeinschaft, Sozialversicherungen, Renten und Pensionen, Erbrecht und Kindererziehung. Um die Gleichstellung zu erhalten, müssen sich die Paare im Standesamt registrieren lassen und sind dann auch dazu verpflichtet das Ende einer Beziehung bekannt zu geben. Der Gesetzesentwurf war bereits im Jahr 2005 in's Parlament eingebracht worden. Nach jahrelanger Diskussion verabschiedete das Repräsentantenhaus das Gesetz dann am 28. November 2007 (s. El Expectador v. 28. 11. 2007). Der Senat folgte wenig später, am 18. Dezember. UruGAY: Rechtliche Gleichstellung sexueller Minderheiten
|
< Zurück | Weiter > |
---|
|
|