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Auswandern nach Uruguay

Auswandern nach Uruguay

Berlin: Donnerstag 28.03.24 13:28 | Montevideo: Donnerstag 28.03.24 09:28

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Geschichte Uruguays II: Vom 'Batllismo' zum Frente Amplio

Geschrieben von Manfred Burger   
Erstellt: Donnerstag, 6. August 2009

Im ersten Teil zur Geschichte Uruguays, "Von der Banda Oriental zur Schweiz der Amerikas", wurde die Entwicklung des Landes von der Kolonialzeit über die Unabhängigkeitskämpfe (s. auch José Artigas), die Geburt der Republik, die Bürgerkriege während der ersten darauf folgenden Jahrzehnte, die anschließende Konsolidierung bis hin zu Uruguays Eintritt in die Moderne vor rund 100 Jahren behandelt.

In diesem zweiten Teil über die uruguayische Geschichte geht es um die Entwicklung Uruguays vom modernen Sozialstaat zurück zu einer Diktatur in den 20er und 30er Jahren, den wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand während des Zweiten Weltkrieges und in den 50er Jahren, die beginnende Krise in den 60ern, die dunkle Zeit Uruguays (Militärdiktatur) während der 70er Jahre bis 1985, eine ausführliche Analyse der Politik der Regierungen nach der Rückkehr zur Demokratie und den historischen Wechsel zum Frente Amplio ab 2005.

5. Die 20er und 30er Jahre

Vom Sozialstaat zur Diktatur

Unter Präsident José Batlle y Ordóñez' zweiter Amtszeit (1911-1915) war in Uruguay, wie im vorigen Kapitel bereits erwähnt, eine soziale Gesetzgebung verabschiedet worden, die Uruguay zu einem der fortschrittlichsten Länder Amerikas und der Welt gemacht hatte. Während in Europa ein Krieg zwischen monarchistischen Staaten wütete, hatte Uruguay einen demokratischen Sozialstaat.

Während des 1. Weltkrieges brach Uruguay 1917 unter Präsident Feliciano Viera (1915-1919) seine Verbindungen zum Deutschen Kaiserreich ab und verpachtete, ziemlich geschäftstüchtig, gekaperte deutsche Schiffe an die Vereinigten Staaten. Im gleichen Jahr trat eine neue Verfassung in Kraft, die die Exekutivgewalt zwischen dem Präsidenten und einem Nationalrat teilte und außerdem die Trennung von Kirche und Staat formal festschrieb.

1920 trat Uruguay unter Präsident Baltasar Brum dem Völkerbund bei. Brum war ein entschlossener Verfechter der unter José Batlle initiierten Politik und tat sich besonders durch seine Reformen des Bildungs- und Sozialsystems hervor. Er schlug als erster die Gründung einer Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) vor, zu der es dann nach dem Zweiten Weltkrieg kam (1948).

Dr. Baltasar Brum am Tag seines öffentlichen Selbstmords (31. 1. 1933)Als Präsident Gabriel Terra (1931-1938) am 31. 3. 1931, nur knapp einen Monat nach seiner Amtseinführung, im Einklang mit dem damaligen 'Zeitgeist' (Franco, Mussolini, Hitler), einen Putsch im Amt vollzog und die Verfassung außer Kraft setzte, beging Brum aus Protest gegen diese Suspendierung der demokratischen Rechte am selben Tag öffentlich Selbstmord.

Foto: Ex-Präsident Baltasar Brum (Mitte) kurz vor seinem Suizid, mit einer Pistole in der rechten Hand.

1933 wollte Terra seinen Putsch durch eine Verfassungsänderung legalisieren. V.a. sollten dem Präsidenten mehr Machtbefugnisse eingeräumt werden. Dieses Ansinnen stieß jedoch beim Großteil der Bevölkerung auf vollständige Ablehnung. Fast kam es zu einer Revolution, und Terra errichtete nun endgültig eine Diktatur, ganz im Sinne des europäischen 'Zeitgeists'.

Bürgerliche Rechte und Pressefreiheit galten nichts mehr, selbst die konservative Tageszeitung "El País" wurde mehrmals geschlossen. Oppositionelle wurden verfolgt, auch Colorado-Politiker von Terras eigener Partei, wie z. B. der spätere Präsident Luis Conrado Batlle Berres (1947-1951).

Bildergalerie: Ikonen der 30er Jahre

Das uruguayische Fußball-Weltmeister-Team 1930

Carlos Gardel, die Nachtigall der Pampa

Foto oben links: 1930 richtete Uruguay die erste Fußballweltmeisterschaft der Welt aus - und gewann sie auch. Hier das Weltmeister-Team vom Río de la Plata. So manche Mannschaft aus Europa und anderen Erdteilen hatte die lange Schiffsreise nicht angetreten.

Foto oben rechts: Carlos Gardel (* 1883 † 1935), die "Nachtigall der Pampa", erste Gallionsfigur und bis heute Übervater des Tango. Er brachte den Tango auf die internationalen Bühnen und Kinoleinwände in Europa (Spanien, Frankreich) und den Vereinigten Staaten und ging mit seinen Tango-Filmen für Paramount Pictures als erster "Latin Lover" in die Annalen der aufstrebenden US-Filmindustrie ein. Ein mißglückter Start auf dem Flughafen von Medellín (Kolumbien) bereitete seinem Leben am 24. Juni 1935 ein vorzeitiges Ende.

Graf Zeppelin über Montevideo, 30. 6. 1934

Foto: Die "Graf Zeppelin" über Montevideo (30. 6. 1934) - mit ihren 236,6 m Länge bei einem Durchmesser von 30,5 m von beeindruckender Eleganz und Schönheit.

Strandszene im Seebad Piriápolis, 1934

Foto: Strandszene im vornehmen Seebad Piriápolis, 1934. Bilder sagen oft mehr als Worte.

6. Der Zweite Weltkrieg

Wirtschaftswachstum und die "Seeschlacht vor dem Río de la Plata"

Während des Zweiten Weltkriegs war Uruguay lange Zeit offiziell neutral und unterhielt politische und wirtschaftliche Beziehungen sowohl mit den Achsenmächten als auch mit den Alliierten. Die Wirtschaft erlebte eine neue Hochphase, da die kriegführenden Parteien Waren aller Art dringend brauchten.

Am 25. Januar 1942 brach die uruguayische Regierung die diplomatischen Beziehungen zu Hitlerdeutschland ab, und am 15. Februar 1945, auf den letzten Drücker, erklärte sie Hitler noch den Krieg, aus reinem Opportunismus.

Die Admiral Graf Spee (Archivbild)Die ganze Welt blickte auf Montevideo, als es im Dezember 1939 zwischen dem reichsdeutschen Panzerkreuzer "Admiral Graf Spee" (Foto) unter dem Kommando von Kapitän zur See, Hans Wilhelm Langsdorff, und einem Verband der britischen Royal Navy zur "Seeschlacht vor dem Río de la Plata" und der anschließenden Selbstversenkung des damals wohl besten Kriegsschiffs der Welt kam.

(Die komplette Story finden Sie in unserem Magazin-Beitrag über die Seechlacht vor dem Río de la Plata.)

7. Die Nachkriegszeit

Wohlstand und Reformen bis in die 50er Jahre

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich die wirtschaftliche Hochphase Uruguays zunächst fort. Auch während des Koreakrieges (1950-1953) importierten die USA viel vom Río de la Plata. Montevideo schwelgte in den 40ern und den beginnenden 50ern im Überfluß.

1945 wurde Uruguay Mitglied der Vereinten Nationen (UNO). 1946 wurde der Kandidat der Colorado-Partei, Tomás Berreta, zum Präsidenten gewählt, der jedoch wenige Monate nach seinem Amtsantritt verstarb. Vizepräsident Luis Batlle Berres setzte Berettas Amtsperiode fort. Ihm folgte Andrés Martínez Trueba, ebenfalls ein Colorado.

1952 wurde das Präsidentenamt durch eine Verfassungsänderung abgeschafft und die Exekutivgewalt einem aus neun Mitgliedern bestehenden Nationalen Regierungsrat ("Consejo Nacional de Gobierno") übertragen. Der erste wurde geführt von Trueba.

Da Uruguay argentinischen Flüchtlingen Asyl gewährt hatte, verhängte der argentinische Volkstribun und Diktator Juan Domingo Perón Reise- und Handelsbeschränkungen über Uruguay. Darauf reagierte die uruguayische Regierung im Januar 1953 mit dem vorübergehenden Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu dem Nachbarland.

In der Zwischenzeit hatten fallende Wollpreise und gesunkene Fleischexporte zu wachsender Arbeitslosigkeit und Inflation geführt. Um die wirtschaftliche Situation im Land zu verbessern, schloß Uruguay 1956 mit der Volksrepublik China und anderen kommunistischen Ländern Handelsverträge ab. Die wirtschaftliche Talsohle konnte dadurch jedoch nicht durchschritten werden.

8. Die beginnende Krise

Das vorläufige Ende der "Schweiz der Amerikas"

Ende der 50er Jahre begann das vorläufige Ende der "Schweiz der Amerikas". Der durch die Kriege 'geliehene' Aufschwung geriet ins Stocken, die Wirtschaft stagnierte. Die Folge waren zunehmende Proteste und Unruhen, auf die die Regierenden zunehmend mit Notverordnungen ("Medidas prontas de Seguridad") antworteten.

Mit Martín Echegoyen wurde am 1. März 1959 nach 91 Jahren ununterbrochener Colorado-Regierungen wieder einmal ein Konservativer der Blancos Regierungsoberhaupt. Er war im Vorjahr mit großer Mehrheit gewählt worden. Die Menschen erhofften sich von einem politischen Wechsel einen erneuten wirtschaftlichen Aufschwung. Seine und die folgenden Blanco-Regierungen (bis 1. März 1967) versuchten sich jedoch erfolglos an wirtschaftlichen Reformen.

Fidel Castro in Uruguay (1959)

Foto: Fidel Castro in Uruguay (1959), kurz nach der kubanischen Revolution.

Es war die Zeit der kubanischen Revolution (1. 1. 1959), die in ganz Lateinamerika großen Widerhall fand, und der beginnenden Studentenbewegung der 60er Jahre. Auch in Uruguay formierte sich eine bewaffnete Untergrundorganisation zum Sturz der Regierung, die Tupamaros, die extremste Artikulation der herrschenden Unzufriedenheit.

1962 unter der Regie des Landarbeiterführers und Gewerkschafters Raúl Sendic gegründet, ernteten die "Tupas" mit Aktionen wie der Plünderung von Supermärkten und der anschließenden Verteilung der Lebensmittel unter den Bedürftigsten große Sympathien in der Bevölkerung.

Dazu muß man wissen, unter welchen Bedingungen etwa die Landarbeiter damals in Uruguay lebten: Sie bekamen nicht einmal Löhne ausbezahlt, sondern nur Gutscheine ("Bonos"), die sie dann in den plantageneigenen Geschäften gegen Lebensmittel und andere Waren eintauschen konnten. Sie arbeiteten praktisch für Essen und Unterkunft. Eine vollständigere Ausbeutung ist kaum vorstellbar.

Außerdem war es üblich, daß die Plantagenbesitzer gedungene Mörder ("Capangas") gegen Arbeiter einsetzten, die versuchten ihre Bedingungen zu verbessern und/oder ihre Kollegen zu organisieren.

1966 bzw. 1967 kehrte Uruguay auf Betreiben aller politischen Kräfte wieder zum Präsidialsystem zurück, nachdem die politischen Geschicke seit 1952 von Nationalen Regierungsräten gelenkt worden waren. Die neue Verfassung, an der Julio María Sanguinetti (s.u.) entscheidenden Anteil hatte, wurde von der Bevölkerung durch ein Plebiszit im November 1966 abgesegnet.

Präsident Oscar Daniel Gestido und sein Vize Jorge Pacheco bei der Amtseinführung am 1. März 1967Die Wahlen vom November 1966 gewannen die Colorados mit dem pensionierten Oberbefehlshaber der Luftwaffe, General Oscar Daniel Gestido Pose, als Spitzenkandidat. Am Tag von dessen Amtseinführung, dem 1. 3. 1967, trat auch die neue Verfassung in Kraft, die mit einigen Änderungen bis heute gültig ist (Plebiszite v. 26. 11. 1989, 26. 11. 1994 und 8. 12. 1996; letzteres ein Referendum bezüglich des Wahlverfahrens).

Foto: Präsident Oscar Daniel Gestido (rechts) und sein Vize Jorge Pacheco Areco (links) bei der Amtseinführung am 1. März 1967.

Gestido starb nach nur wenigen Monaten im Amt am 6. 12. 1967. Manche sagen auch, er wurde im Auftrag der Militärs gestorben, weil er eine weniger repressive Politik machen wollte. Dazu muß man wissen, daß der fünf Jahre später erfolgende Militärputsch schon seit Mai 1964 in Militärkreisen diskutiert und geplant worden war (in jenem Monat hatte der Putsch in Brasilien stattgefunden). Die damalige neue Weltordnung, der Neoliberalismus, mußte mit allen Mitteln durchgesetzt werden, weswegen in Lateinamerika und tlw. auch in Europa Militärdiktaturen installiert wurden, geplant und gefördert von Nixon (1969-1974) / Kissinger (1969-1977) / der US-Regierung und den dahinter stehenden Trusts.

Vizepräsident Jorge Pacheco Areco, der nun Präsident war, war ein enger Vebündeter der Generale. Seine restriktiven Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation provozierten schwere Unruhen, auf die mit harter Hand und permanenten Notverordnungen reagiert wurde. Die Militärdiktatur war praktisch schon vorweg genommen.

Nach massiven Demonstrationen und Ausschreitungen anläßlich eines Besuches von Nelson Rockefeller im Juni 1969 wurde bis März 1970 der Ausnahmezustand in Uruguay verhängt. Im Oktober 1970 wurde die gesamte Führungsspitze der Tupamaros verhaftet. Jedoch ein knappes Jahr später, am 6. September 1971, gelang Sendic zusammen mit weiteren 110 Gefangenen, die allermeisten von ihnen Tupamaros, eine spektakuläre Flucht durch einen heimlich gebauten Tunnel aus dem Hochsicherheitsgefängnis von Punta Carretas (in dem sich heute ein Luxus-Shopping-Center von Montevideo befindet).

General Liber SeregniAnläßlich der bevorstehenden Wahlen formierte sich am 26. 3. 1971 die politische Opposition zu den etablierten Parteien (Colorados und Blancos) zu einem Bündnis: der "Frente Amplio" ("Breite Front") wurde unter breitester öffentlicher Teilnahme gegründet, verbunden mit einer öffentlichen Kundgebung und Demonstration, wie es sie in dieser Größenordnung noch nie in Uruguay gegeben hatte.

Zu seinem Führer wurde General Liber Seregni (Foto), der wenig später, nach dem Militärputsch, von seinen Waffenbrüdern 10 lange Jahre als "Staatsfeind" eingekerkert wurde.

Die uruguayischen Wahlen vom 28. 11. 1971 gerieten zu einem Skandal. Die wichtigsten Präsidentschaftskandidaten waren

  • Wilson Ferreira Aldunate, ein fortschrittlicher Blanco, allseits beliebt und geachtet
  • Juan María Bordaberry Arocena, ein Colorado im Schatten Pachecos, der nicht selbst antreten konnte, da die Wiederwahl eines Amtsinhabers verfassungsmäßig nicht zulässig war, was Pacheco aber nicht daran hinderte mit sog. gelben Listen Wahlkampf zu führen
  • General Liber Seregni vom neu gegründeten Frente Amplio.

Mehr als zweieinhalb Monate brauchte der Nationale Wahlrat, um die Stimmen auszuzählen. "Sie wurden so lange gezählt, bis Bordaberry Sieger war", sagt der Volksmund. Erst knapp zwei Wochen vor Beginn der neuen Amtsperiode wurde Bordaberry am 15. 2. 1972 vom Wahlrat zum neuen Präsidenten ausgerufen. Alle gehen jedoch davon aus, daß Wilson Ferreira der eigentliche Wahlsieger war.

Wilson Ferreira Aldunate (Por La Patria), UruguayWilson Ferreira Aldunate (* 1918 † 1988; Foto) hatte mit seiner Fraktion "Por la Patria" ("Für das Vaterland") den Blancos von den 60er Jahren bis zu seinem Tod 1988 ein anderes Gesicht gegeben. "Wilson", wie ihn seine Anhänger liebevoll nannten und auch heute noch nennen, verkörperte Aufbruch, Modernisierung und mehr Gerechtigkeit, für die er mutig und unter Inkaufnahme persönlicher Risiken eintrat. Die Militärs setzten ihn auf ihre Todesliste. Seinen Häschern entging er nur knapp durch seine rechtzeitige Flucht in's Ausland.

Unter Bordaberry (ab 1. 3. 1972) erreichten Gewalt und Repression einen neuen Höhepunkt. Das gesamte Jahr 1972 war von Arbeiterstreiks geprägt, die sich gegen die einschneidenden wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen der Regierung wandten. Selbst bei den Blancos und Leuten seiner eigenen Partei stieß Bordaberry auf heftige Kritik.
Angesichts dieser Situation war selbst Wilson Ferreira bereit sich mit der Tupamaro-Führung zu treffen (am 14. April 1972).

Am 15. April 1972 wurde der Ausnahmezustand ausgerufen und damit die bürgerlichen Grundrechte suspendiert. 35.000 Polizisten und Militärs durchsuchten das Land nach politisch nicht genehmen Menschen. Das bleib so praktisch bis zum Putsch, auch wenn zwischendurch der Ausnahmezustand immer mal wieder formal aufgehoben wurde. Die Repression ging davon unberührt weiter.

Am 27. Oktober 1972 wurde Jorge Batlle, Chefredakteur und Besitzer der Tageszeitung "Acción" und Führer der "Lista 15" der Colorados, wegen "Aushöhlung der Moral der Streitkräfte" festgenommen, nachdem er in seiner Zeitung die Militärs "nazistischer Methoden" bezichtigt und sie als "De-facto-Komplizen der Tupamaros bei der Zerschlagung der verfassungsmäßigen Organe" bezeichnet hatte.

Dieser Anschlag auf Pressefreiheit hatte starke Proteste zur Folge. Die drei batllistischen Minister der Regierung Bordaberry quittierten ihren Dienst, und der Parteichef der Blancos, Wilson Ferreira Aldunate -zwar politischer Gegenspieler, aber eben auch ein alter Bekannter von Batlle und Gegner des Techtelmechtels zwischen Regierung und Militärs- verurteilte die Verhaftung scharf.

Am 20. November 1972 wurde Batlle schließlich wieder freigelassen, nachdem die Abgeordneten seiner Lista 15 sich damit einverstanden erklärt hatten für eine weitere Verlängerung des Ausnahmezustands zu stimmen.

Die gesamte Tupamaroführung wurde 1972 erneut festgenommen, die uruguayische Stadtguerrilla war damit endgültig zerschlagen.

Raúl Sendic war am 1. September 1972 in einem Haus in der Altstadt von Spezialeinheiten (FUSNA, Marineschützen) überrascht und nach einer heftigen Schießerei erneut verhaftet worden, dieses Mal bis zum Ende der Diktatur.

9. Die Militärdiktatur

Uruguays schwere Jahre von 1973 bis 1985

Juan María Bordaberry in Begleitung seiner MentorenAm 12. Februar 1973 trat Präsident Bordaberry einen Teil der Exekutivgewalt offiziell an die Militärs ab. Am 27. Juni 1973 löste er mit Hilfe der Militärs das Parlament auf. Die Exekutivgewalt wurde einem vom Militär kontrollierten Staatsrat übertragen. Das sog. "Gobierno de Facto" ("De-Facto-Regierung") nahm seinen Lauf.

Foto: Juan María Bordaberry in Begleitung seiner Mentoren.

Fortan war die Verfassung außer Kraft, politische Parteien und jegliche politische Betätigung waren verboten, die bürgerlichen Freiheitsrechte großenteils suspendiert. Zeitungen wurden geschlossen (wie etwa die "Acción" von Jorge Batlle), die verbleibenden Medien zensiert (wie etwa das den Blancos nahestehende "El País"). Politiker waren geächtet und wurden pausenlos observiert. Die mißliebigen politischen Führer, denen die Flucht in#s Ausland nicht gelang, wurden liquidiert.

Üblicherweise wird die Errichtung dieses autoritären Regimes mit der Existenz der Tupamaros 'gerechtfertigt' - ein Vorwand, denn die waren zu diesem Zeitpunkt schon zerschlagen. Selbst nach Meinung der konservativen Tageszeitung "El País" war dieser Schritt "ungerechtfertigt", d.h. nicht nötig, um die Situation zu kontrollieren.

Vielmehr war dieser Staatsstreich schon seit dem Militärputsch in Brasilien (im Mai 1964) in Militärkreisen vordiskutiert und geplant worden.

Staatsstreich in Uruguay: Militärs besetzen das Parlament

Foto: Staatsstreich in Uruguay: Militärs besetzen das Parlament.

Die Bevölkerung antwortete unmittelbar und spontan mit einem eindrucksvollen, mehrwöchigen Generalstreik, koordiniert vom Gewerkschaftsdachverband CNT ("Convención Nacional de Trabajadores" - "Nationaler Arbeiterbund"), der am 11. Juli von den Militärs nach gewaltsamen Auseinandersetzungen brutal unterdrückt wurde. Am 11. August verloren die Gewerkschaften ihre Autonomie, die CNT wurde verboten. In den folgenden Jahren weitete das Militär seine Machtposition auf den Großteil der nationalen Institutionen aus und festigte seine Diktatur.

Demonstration in Montevideo gegen den Staatsstreich, 9. Juli 1973

Foto: Demonstration in Montevideo gegen den Staatsstreich, 9. Juli 1973.

In Uruguay herrschte nun eine Militärdiktatur wie in den meisten südamerikanischen Ländern - mit dem Unterschied, daß die hiesige Diktatur weniger blutig war als die meisten anderen. Dennoch, die gesamte Bevölkerung war total kontrolliert, jeder Bürger war in eine von drei Kategorien eingestuft (A, B oder C), je nach seiner Haltung bzw. 'Gefährlichkeit' für das Regime.

Am 12. Juni 1976 wurde Bordaberry, bislang die zivile Marionette des Regimes, von den Militärs abgesetzt, die für dieses Jahr vorgesehenen Wahlen wurden (noch von Bordaberry) abgesagt. Sein Nachfolger, Aparicio Méndez Manfredini, ebenfalls eine Marionette der Militärs, war schon so alt und in so schlechter körperlicher Verfassung, daß er bei der Parade anläßlich seiner 'Machtübernahme' gestützt werden mußte.

Oberkommando des Heeres, Uruguay, 1910 Oberkommando des Heeres, Uruguay, 2005

Fotos: Der Sitz des Oberkommandos des Heeres.
Links: 1910, kurz nach der Fertigstellung - Rechts: Im Jahr 2005.

Der Komplex in der Av. Gral. Garibaldi 2313 beherbergte vom 25. August 1910 (Einweihung) bis Dezember 1975 eine Militärschule. Am 16. 12. 1975 erklärten die Generale ihn zum "Nationalen Historischen Monument". Drei Tage später bezog dort das Oberkommando des Heeres Quartier. Die offizielle Einweihung als solches fand unter großem Pomp am 18. Mai 1976 statt.

Eine der ersten Amtshandlungen der neuen Regierung unter Aparicio Méndez (ein Blanco), der vom neuen Sicherheitsrat bestehend aus 25 Zivilisten und 21 Militärs eingesetzt worden war, war der Entzug der staatsbürgerlichen Rechte aller Personen, die am politischen Geschehen zwischen 1966 und 1973 beteiligt gewesen waren. Tausende waren davon betroffen, die Zahl der politischen Gefangenen betrug 1976 etwa 6 000.

Am 30. November 1980 wurde eine von den Militärs ausgearbeitete Verfassung in einem Referendum von der Bevölkerung mit beeindruckener Mehrheit abgelehnt. Daraufhin sagten die Generale wieder einmal die angesetzten Wahlen ab.

Am 1. 9. 1981 trat der letzte Präsident der Militärdiktatur sein Amt an: General Gregorio Conrado Alvarez Armelino.

Die internationalen Rahmenbedingungen hatten sich inzwischen geändert. Dem "Koloß im Norden", d.h. den Vereinigten Staaten bzw. deren Machthaber, erschienen Diktaturen nicht mehr als das ideale Mittel zur Herrschaftssicherung (s. Menschenrechtskampagne des Reagan-Vorgängers Carter). Stattdessen war wieder 'Demokratisierung' angesagt. So ließen die Militärs in Uruguay 1982 die traditionellen politischen Parteien wieder zu, die noch im selben Jahr innerparteiliche Wahlen abhielten.

Julio María Sanguinetti hatte am 29. 6. 1981 seine politischen Bürgerrechte zurück erhalten, wie auch einige andere, und wurde im Gefolge zum Federführer der Parteidelegation des Partido Colorado, die mit den Militärs die Modalitäten der 'friedlichen und geordneten' Rückkehr zur Demokratie aushandelte. Am 3. August 1984 kamen diese Verhandlungen mit der Unterschrift unter dem sog. "Pacto del Club Naval" ("Marineclub-Pakt") zum Abschluß. An ihnen hatten auch Vertreter des Frente Amplio teilgenommen, ohne allerdings wirklich etwas zu sagen zu haben. Die Blancos unter Wilson Ferreira waren außen vor geblieben.

Wilson Ferreira Aldunate bei seiner Verhaftung am 16. Juni 1984Die zwei angesehensten politischen Führer waren an diesen Verhandlungen nicht beteiligt. Liber Seregni (Frente Amplio) wurde erst am 19. März 1984 nach zehn Jahren brutaler Haft freigelassen, und Wilson Ferreira Aldunate (Partido Nacional) wurde am 16. Juni 1984 bei seiner Rückkehr aus dem Exil verhaftet und in ein Gefängnis im Landesinneren verbracht!

Foto: Verhaftung Wilson Ferreira Aldunates bei seiner Rückkehr aus dem Exil am 16. 6. 1984.

Am 25. November 1984 wurden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abgehalten, bei denen die Militärs von ihrem im "Marineclub-Pakt" festgeschriebenen Vetorecht bezüglich der aufgestellten Kandidaten Gebrauch machten. Von den drei 'natürlichen' Kandidaten, die in der Bevölkerung Ansehen genossen, konnte so nur einer als Kandidat nominiert werden: der Colorado Julio María Sanguinetti. Wilson Ferreira und Liber Seregni, die Vorsitzenden des Partido Nacional bzw. des Frente Amplio, die beide Verfolgte der Diktatur gewesen waren, ließen die Generale nicht antreten.

Vor "freien Wahlen" konnte also keine Rede sein. Dennoch ermöglichten diese Wahlen die Rückkehr zu einer formalen Demokratie.

Julio María Sanguinetti gewann erwartungsgemäß den Urnengang vom 25. 11. 1984 mit 31,2% der Stimmen, die zugelassenen Blanco-Kandidaten (von denen Alberto Sáenz de Zumarán die meisten Stimmen erhalten hatte) und den Herausforderer aus seiner eigenen Partei, Ex-Präsident Jorge Pacheco Areco (10%), hinter sich lassend. Am 1. März 1985 trat er sein Amt als erster ziviler Präsident nach der Diktatur an.

Ermordete und "Verschwundene"

Wieviele Menschen zwischen 1972 und 1985 in Uruguay bei Zwischenfällen, in die Militärs oder Polizisten verwickelt waren, umgekommen sind, ist nicht gesichert. Menschenrechtsorganisationen sprechen von rund 150 Opfern, von denen ein Teil bei Verhören starb, noch bevor sie überhaupt einem Richter vorgeführt worden waren, andere in Schießereien und -der Großteil- in Gefängnissen.

Hinzu kommen die sog. "Verschwundenen", d.h. Menschen die entführt, gefoltert und ermordet wurden, wobei die genauen Umstände -vor allem, wo sich die sterblichen Überreste befinden- nicht oder nur fragmentär bekannt sind.

Amnesty International geht davon aus, daß mindestens 34 Uruguayer in Uruguay und 100 im Nachbarland Argentinien, wohin viele nach dem Staatsstreich geflüchtet waren, "verschwunden" sind. Manche wurden auch in anderen Ländern gekidnappt. An zahlreichen Operationen waren ausländische Agenten beteiligt, etwa aus den USA und Chile.

Die Regierung Jorge Batlle hatte im August 2000 die Anzahl der zwischen 1973 und 1985 "Verschwundenen" auf 160 beziffert. Allein die Tupamaros beklagen nach eigenen Angaben 374 Tote und 36 "Verschwundene" zwischen 1962 und 1985.

Einige prominente Opfer der Militärdiktatur

Die Opfer des Staatsterrorismus bewegen heute noch die Gemüter nicht nur der hinterbliebenen Angehörigen und Freunde, sondern der gesamten uruguayischen Gesellschaft. Hier einige herausragende Fälle:

Zelmar MicheliniZelmar Michelini (* 1924 † 1976) wurde am 18. Mai 1976 im Rahmen der "Operation Condor" aus dem Hotel "Liberty" mitten in Buenos Aires von Militärs entführt und zwei Tage später ermordet. Michelini (Foto), ein beliebter und mutiger Journalist und Politiker, war damals neben Wilson Ferreira Aldunate vom Partido Nacional (Blancos) der herausragende Oppositionsführer. Er arbeitete für die Zeitungen "La Opinión" und "Noticias" sowie für die Nachrichtenagentur "Interpress Service".

Michelini entstammte dem traditionellen Partido Colorado, dessen fortschrittlichste Strömung "Für eine Regierung des Volkes" ("Movimiento por el Gobierno del Pueblo") er geführt hatte, später eine der wichtigsten Säulen des Frente Amplio. Der charismatische Politiker war Abgeordneter des Repräsentantenhauses (1954-1962), Bildungsminister (1967), Mitgründer des Frente Amplio (1971) und bis zum Putsch Senator (1962-1973). Nach den Wahlen von 1966 hatte der gewählte Präsident Gestido (Partido Colorado) ihm die Vizepräsidentschaft angeboten.

Am gleichen Tag wie Michelini wurden im Rahmen derselben "Operation Condor" Héctor Gutiérrez Ruiz vom Partido Nacional, ebenfalls Journalist und bis zum Putsch Präsident des uruguayischen Unterhauses ("Cámara de Representantes"), sowie Rosario Barredo und William Whitelaw, zwei Tupamaros, von Uniformierten gekidnappt.

Die Leichen der vier wurden drei Tage später, am 21. Mai 1976, von Kugeln durchsiebt, mit deutlichen Folterspuren und teilweise verstümmelt in einem Auto gefunden. Michelini waren die Hoden abgeschnitten worden. Er hätte die Tage vor der UNO über die Menschenrechtslage in Uruguay berichten sollen, wo er als Referent geladen war...

Die Ermordung von Zelmar Michelini und seiner Gefährten war direkt von der US-Regierung in Auftrag gegeben worden. Nach vollbrachter Tat wurde der Mörder Michelinis, ebenfalls auf Befehl aus Washington, aus Gründen der Spurenverwischung von einem uruguayischen Militär bei einem vermeintlichen Übungsflug in der Kanalzone von Panama aus dem Hubschrauber gestoßen...

Der uruguayische Journalist Samuel Blixen (geb. 1944)Auch in Uruguay war im damaligen Nationalen Sicherheitsrat ("Consejo de Seguridad Nacional" - COSENA), der als Regierung fungierte, über das Schicksal der vier Uruguayer abgestimmt worden. Nach Ermittlungen des uruguayischen Journalisten und Fachautors Samuel Blixen (* 1944; Foto; er saß während der gesamten Militärdiktatur in Haft, danach war er Mitgründer der Wochenzeitung Brecha) nahmen an dieser Sitzung Präsident Juan María Bordaberry, Innenminister General Hugo Linares Brum, Verteidigungsminister Dr. Walter Ravena, der Generalstabschef des Heeres General Julio César Vadora, der Kommandeur der Marine Vizeadmiral Víctor González Ibargoyen und der Chef der Luftwaffe, Brigadegeneral Dante Paladini, teil. Nur Bordaberry und Paladini haben sich gegen den Mord ausgesprochen.

Im übrigen wurde auf dieser Sitzung auch die Ermordung des populären Blanco-Führers Wilson Ferreira Aldunate beschlossen, der dieser jedoch durch seine rechtzeitige Flucht zuvorkam.

Nach der Rückkehr zur Demokratie wurden im Zentrum Montevideos zwei Straßen nach Zelmar Michelini und Héctor Gutiérrez Ruiz benannt.

1985 wurden Ermittlungen in diesem Mordfall aufgenommen. Die entsprechende Akte wurde jedoch 1986 auf Betreiben des damaligen Präsidenten, Julio Maria Sanguinetti, und nach Verabschiedung des Straffreiheitsgesetzes vom 22. 12. 1986 archiviert.

Seit November 2002 fordert Felipe Michelini die Wiederaufnahme des Falles, bisher ohne Erfolg. Felipe Michelini ist einer der Söhne von Zelmar Michelini und war stellvertretender Kultusminister der Regierung Vázquez.

Elena QuinteirosDie Lehrerin Elena Quinteros Almeida (* 1946 † 1976) wurde am 28. 6. 1976 gekidnappt und nach einer gelungenen Flucht im Garten der venezolanischen Botschaft in Montevideo, wo sie um politisches Asyl nachsuchen wollte, von uruguayischen Militärs in Zivil erneut entführt. Dabei wurden auch Angehörige der Botschaft schwer mißhandelt. Nach schweren Folterungen wurde Elena Quinteros im November 1976 umgebracht.

Wegen der erwähnten schwerwiegenden Verletzung venezolanischer Hoheitsrechte waren die diplomatischen Beziehungen zwischen den Regierungen in Caracas und Montevideo neun Jahre lang unterbrochen, bis zum Ende der Militärdiktatur.

1990 wurde wegen dieses Falls ein Verfahren wegen "Mord unter besonders schwerwiegenden Umständen" gegen den seinerzeitigen uruguayischen Kanzler Dr. Juan Carlos Blanco (er war eine Zivilperson, kein Militär!) eingeleitet, das unter der Regierung Lacalle zunächst 'irrtümlich' archiviert und im Jahr 2000 unter Präsident Batlle wieder aufgenommen wurde. Am 18. 10. 2002 wurde Blanco inhaftiert, am 9. Mai 2003 kam er wieder frei.

Gerardo GattiAm 9. 6. 1976 wurde Gerardo Gatti Antuña (* 1932 1976), Gründungsmitglied des uruguayischen Gewerkschaftsbundes CNT (1964), von uruguayischen und argentinischen Militärs im Barrio Belgrano gekidnappt, gefoltert und später ermordet. Gatti war außerdem Gründungsmitglied der anarchistischen FAU (1956), ebenso wie der Gewerkschafter... Leon Duarte

...Leon Duarte (* 1927 1975), der im Juli 1975 in Buenos Aires entführt und nach Folterungen ermordet wurde.

Ein weiteres Mordopfer ist der Gewerkschafts-Generalsekretär Gerardo Cuestas, nach dem 1994 ein Platz in Montevideo benannt wurde.

Bereits am 16. April 1972 hatten Uniformierte das kommunistische Parteilokal im Polizeirevier 20 von Montevideo gestürmt. Vor laufenden Kameras waren danach acht Menschen kaltblütig auf der Straße hingerichtet worden.

Das war ein Jahr vor dem Militärputsch vom 27. Juni 1973. Politisch verantwortlich für diesen brutalen Mord ist der damalige uruguayische Präsident, Juan María Bordaberry.

10. Die Rückkehr zur Demokratie

Neuanfang und Konsolidierung

Die erste Regierung Sanguinetti (1985-1990)

Präsident Sanguinetti -in politischen Fragen eher progressiv, in wirtschaftlichen eher konservativ- gelang es das angeschlagene Image seiner Partei wieder aufzurichten, deren konservativste Sektoren den Staatsstreich von 1973 unterstützt hatten. Er hob die Beschränkungen auf, die noch auf den politischen Parteien und Menschen lasteten, die sich gegen die Diktatur engagiert hatten, und er amnestierte die politischen Häftlinge wenige Tage nach seiner Regierungsübernahme, darunter 267 Tupamaros ("Ley de Pacificación Nacional" oder "Ley de Amnistía" vom 8. März 1985, Gesetz Nr. 15.737; hier der spanische Originaltext).

Das Straffreiheitsgesetz für Militärs und Polizisten

Anders als in Argentinien, verzichtete Sanguinetti auf eine juristische Verfolgung der von Uniformierten während der Militärdiktatur begangenen Verbrechen. Und nicht nur das: Verteidigungsminister seiner Regierung war der letzte Generalstabschef der Militärdiktatur, General Hugo Medina, der u.a. als Befehlshaber der Región 3 für den Tod von Dr. Vladimir Roslik durch Folterungen verantwortlich gewesen sein soll.

Nach dem "Gesetz über die Hinfälligkeit der Bestrafungsintention des Staates" ("Ley de Caducidad de la Pretensión Punitiva del Estado", auch "Ley de Impunidad" bzw. "Ley de Punto Final" genannt; Gesetz Nr. 15.848, hier der spanische Originaltext), so der offizielle Name des Straffreiheitsgesetzes vom Dezember 1986, werden alle von Militärs und Polizeikräften vor dem 1. März 1985 begangenen Straftaten und Verbrechen nicht strafrechtlich verfolgt.

Die Verabschiedung eines solchen Gesetzes war eine zentrale Bedingung der uruguayischen Militärs gewesen, um einer Rückkehr zur formalen Demokratie zuzustimmen, und sie war ihnen vom absehbaren Sieger der Präsidentschaftswahlen von Ende 1984, Julio María Sanguinetti (Partido Colorado), im Laufe der Verhandlungen im Club Naval (Marineclub) von Montevideo zugesichert worden.

Daß im erwähnten Amnestiegesetz vom März 1985 die von Uniformierten begangenen Straftaten explizit von der Amnestie ausgenommen waren, bildet hierzu keinen Widerspruch. Sanguinetti verteidigte diese beiden Gesetze als äquivalent.

Gegen das Straffreiheitsgesetz fanden zunächst spontane Demonstrationen statt. Am 24. 12. 1986 rief die Organisation "Mütter und Familienangehörige Verschwundener Uruguayer" ("Madres y Familiares de Uruguayos Desaparecidos") mit den Witwen der beiden wohl prominentesten Opfer der Diktatur, Zelmar Michelini und Héctor Gutiérrez Ruiz, an der Spitze dazu auf ein Referendum gegen dieses Gesetz zu organisieren.

Nach Artikel 79 der uruguayischen Verfassung können Gesetze bis zu einem Jahr nach ihrer Ratifizierung per Volksentscheid gekippt oder auch neue Gesetze und sogar Verfassungsänderungen beschlossen werden. Um ein Referendum duchzuführen, müssen zunächst 40.000 Unterschriften vorgelegt werden. Dann müssen sich in einer Abstimmung mindestens 25% der Wahlberechtigten - das sind in Uruguay rund 580.000 Wähler/innen - für die Volksabstimmung aussprechen.

Am 5. Februar 1987 wurde mit der Sammlung der Unterschriften begonnen. Bis zur Einreichung derselben beim Wahlrat im Dezember 1987 waren 604.721 gesammelt worden, deutlich mehr als die vom Gesetz geforderten 25% der Wahlberechtigten.

Wer dachte, damit wäre die Durchführung des Plebiszits schon beschlossene Sache gewesen, wurde eines Besseren belehrt: 19.000 Unterzeichner/innen wurden vom zuständigen Wahlrat für den 18., 19. und 20. Dezember 1989 einbestellt, um die Autenzität ihrer Unterschriften zu verifizieren, da angebliche Zweifel bestanden. Parallel dazu führte die Regierung Sanguinetti eine breit angelegte Kampagne, daß das Referendum den Fortbestand der Demokratie gefährde. Einige Werbespots der Straffreiheitsgesetz-Gegner wurden zensiert.

Mit Erfolg: In dem schließlich am 16. April 1989 durchgeführten Referendum wurde das Straffreiheitsgesetz mit 57% der Stimmen von der Bevölkerung abgesegnet.

Daß Sanguinettis Straffreiheitsgesetz auf Dauer Bestand haben wird, ist mehr als unsicher. In der Bevölkerung war und ist immer eine starke Ablehnung dagegen vorhanden, das Referendum von 1989 hin oder her, wie die kürzlich in Uruguay wieder aufgenommene Kampagne gegen das Straffreiheitsgesetz von 1986 deutlich zeigt.

Internationale Orgnisationen ziehen seine Vereinbarkeit mit internationalen Verträgen und Abkommen in Zweifel.

Die Internationale Menschenrechtskommission der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) beispielsweise stellt in seiner Resolution 29/92 vom 2. Oktober 1992 unter anderem fest:

"1.) Das Gesetz 15.848 vom 22. Dezember 1986 ist unvereinbar mit dem Art. XVIII (Recht auf Gerechtigkeit) der "Amerikanischen Erklärung über die Rechte und Pflichten des Menschen" und verstößt gegen die Artikel 1, 8 und 25 der Amerikanischen Menschenrechtskonvention.

2.) Der uruguayischen Regierung wird empfohlen die nötigen Maßnahmen zur Aufklärung der Vorfälle zu ergreifen und die Verantwortlichen für die Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur zu ermitteln."

Das Menschenrechtskommitee des Internationalen Pakts Ziviler und Politischer Rechte hatte bereits in seinen Sitzungen vom 27. und 28. März 1989 signalisiert, daß "große Zweifel an der Vereinbarkeit des Straffreiheitsgesetzes mit den Artikeln 2 und 9 des Paktes bestehen."

Uruguay ist als Mitgliedstaat zur Einhaltung der entsprechenden Statute verpflichtet.

Erfolgreiche Konsolidierung

Sanguinettis auf nationale Versöhnung gerichtete Politik erreichte am 1. April 1986 mit der Unterzeichnung der "Nationalen Übereinkunft" ("Acuerdo Nacional") durch alle relevanten politischen Parteien (Partido Colorado, Partido Nacional, Frente Amplio und Unión Cívica) einen Höhepunkt. Nur ein Politiker vom Format Sanguinettis konnte so etwas zustande bringen.

Außenpolitisch erneuerte Sanguinetti die Beziehungen zu Spanien und stellte die diplomatischen Beziehungen zu den realsozialistischen Ländern wieder her. Am 27. Mai 1987 legte er zusammen mit seinen Amtskollegen von Brasilien, José Sarney, und Argentinien, Raúl Alfonsín, durch die Unterzeichnung der "Akte von Montevideo" ("Acta de Montevideo") den Grundstein für eine regionale Wirtschaftsgemeinschaft in Sinne der Zielsetzungen von ALADI ("Asociación Latinoamericana de Integración" - "Vereinigung zur Integration Lateinamerikas"). 1991, mit dem Beitritt von Paraguay, wurde daraus der Mercosur ("Mercado Común del Cono Sur" - "Gemeinsamer Markt des Südkegels").

Innerhalb der sog. "Gruppe der Acht" ("Grupo de los Ocho"), im Dezember 1986 hervorgegangen aus dem "Grupo de Apoyo" (Uruguay, Peru, Brasilien und Argentinien) und dem "Grupo de Contadora" (Mexiko, Kolumbien, Venezuela und Panama) und im Oktober 1990 um Chile, Ecuador, Bolivien und Paraguay zur "Gruppe von Rio" ("Grupo de Río") erweitert, die praktisch alle lateinamerikanischen Staaten umfaßt, spielte Uruguay eine wichtige Rolle bei den Versuchen der Gruppe, bei den bewaffneten Konflikten in Mittelamerika zu vermitteln. Beim zweiten Gipfeltreffen der "Gruppe der Acht" am 29. Oktober 1988 in Punta del Este führte Sanguinetti den Vorsitz.

Wirtschaftspolitisch verfolgte das Kabinett Sanguinetti, dem auch zwei Minister des Partido Nacional angehörten (Große Koalition), das Ziel die Wirtschaft wiederzubeleben, die bis 1985 unter einer schweren Rezession litt, und die unter den Militärs explosionsartig gewachsene Außenverschuldung einzudämmen, die mit 5,1 Mrd. Dollar praktisch den Umfang einer vollen Jahresproduktion erreicht hatte.

Die damals wiedererstarkten Gewerkschaften forderten einen Bruch mit dem IWF und die Nichtzbezahlung der Auslandsschulden, konnten sich aber angesichts eines Anstiegs der Produktion und der Exporte, einer sinkenden Inflationsrate und Arbeitslosigkeit nicht durchsetzen.

Die Regierung Sanguinetti erreichte eine Umschuldung durch den IWF. Die Außenverschuldung stieg zwar weiter, der Anstieg blieb aber deutlich unterhalb des jährlichen BSP.

Gegen Ende der Präsidentschaft kam das Wirtschaftswachstum wieder bei Null an, und die Inflationsrate verzeichnete 1990 mit 130% einen traurigen Rekord. So ist es nicht verwunderlich, daß die Blancos die Wahlen vom 26. 11. 1989 gewannen. Hier triumphierte Dr. Luis Alberto Lacalle de Herrera über seine innerparteilichen Konkurrenten sowie über Jorge Batlle Ibáñez (Partido Colorado) und Líber Seregni (Frente Amplio). Dieser hatte zwar selbst nur 22,6% der Stimmen erhalten, zusammen mit den anderen Blanco-Kandidaten ergaben sich jedoch 38,9% für den Partido Nacional.

Tabaré Vázquez nach seiner offiziellen Erklärung zum Sieger der Bürgermeisterschaftswahlen von Montevideo (31. 10. 1999)An einer anderen Front verloren die Colorados am 26. November 1989 ebenfalls: Die gleichzeitig mit den Präsidentschaftswahlen abgehaltenen Bürgerschaftswahlen in Montevideo gewann Tabaré Vázquez vom Frente Amplio, wo die Linkskoalition seither ununterbrochen regiert. In einem bewegenden Akt auf der "Plaza Lafone" in seinem Geburtsviertel La Teja (Montevideo) trat der im Zivilberuf Onkologe und Radiologe am 15. Februar 1990 sein Amt an.

Foto: Tabaré Vázquez nach seiner offiziellen Erklärung zum Sieger der Bürgerschaftswahlen von Montevideo (31. 10. 1999).

Die Länderchefs ("Intendentes") der 19 uruguayischen Departamentos in Uruguay sind zugleich Ministerpräsidenten ihrer Bundesländer ("Departamentos") und Bürgermeister der Gemeinden. Am ehesten läßt sich dieses System mit den Bürgerschaften in den deutschen Stadtstaaten Bremen und Hamburg verlgeichen.

11. Krise und Aufbruch

Neoliberalismus und Wende von 1990 bis 2005

Die Regierung Lacalle (1990-1995) 

Am 1. März 1990 wurde Luis Alberto Lacalle de Herrera zum dritten Präsidenten seiner Partei seit deren Gründung im Jahre 1836 (die Blanco-Regierungsräte von 1959 bis 1967 nicht mitgezählt). Seine Koalitionsregierung mit vier Colorado-Ministern stand für ein neoliberales Programm, inklusive Rückführung der Staatsausgaben.

Lacalle begann mit der Privatisierung von Staatsuntenehmen. Gewerkschaftlich organisierte Streiks und heftige soziale Proteste konnten nicht ausbleiben. Auch Konflikte mit dem Koalitionspartner, den Colorados, waren vorprogrammiert. Im November 1992 streikte sogar die Polizei und forderte höhere Gehälter.

1992 wurde zum Jahr der Volksabstimmungen gegen Lacalles "Modernisierungsgesetz" ("Ley de Modernización") vom September 1991 über die Privatisierung staatlicher Unternehmen (vor allem der Fluggesellschaft PLUNA) und die Öffnung der staatlichen Telefongesellschaft ANTEL für private Investoren. Vor allem der Frente Amplio und seine Anhängerschaft machten dagegen mobil.

Die Volksabstimmungen vom 5. Juli 1992 und vom 13. Dezember 1992 gerieten zu einer Generalabsage gegen die Privatisierung von Staatsfirmen überhaupt. Dennoch wurden seit den 90er Jahren eine Vielzahl staatlicher Monopole aufgelöst und Staatsbetriebe teilweise oder ganz privatisiert.

Luis Alberto LacalleDas nächste erfolgreiche Plebiszit gegen Lacalle (Foto) -diesmal gegen die geplante Reform der Renten und Pensionen, verbunden mit einigen Verfassungsänderungen- folgte am 29. August 1994.

Am 26. März 1991 wurde mit der Unterschrift unter den "Vertrag von Asunción" ("Tratado de Asunción") Mercosur ("Mercado Común del Cono Sur" - "Gemeinsamer Markt des Südkegels") ins Leben gerufen, neben Uruguay bestehend aus Brasilien, Paraguay und Argentinien, mit der politischen Hauptstadt Montevideo.

Der Mercosur, offiziell in Kraft seit 1. 1. 1995, besteht auch heute noch mehr aus Absichtserklärungen denn aus realen Fakten. Nicht einmal eine Zollunion konnte von den Regierungen der beteiligten Länder bisher errichtet werden (s. auch "Uruguay unzufrieden mit dem Mercosur" und "Jahrelanger Dauerkonflikt zwischen Argentinien und Uruguay" in diesem Uruguay-Magazin).

Ähnlich wie in den 20er Jahren in Deutschland, hatte die Inflation das Geld inzwischen soweit entwertet, daß man schon für ein Brot eine vierstellige Summe bezahlte. Eine Währungsreform Anfang 1993 schafte hier Abhilfe: Drei Nullen wurden bei Geldscheinen und Preisen gestrichen, aus 5.000 Pesos wurden 5 Pesos der neuen Währung. Bald wurden auch neue Geldscheine gedruckt und die alten eingestampft.

In bezug auf die Opfer und "Verschwundenen" der Militärdiktatur tat die Regierung Lacalle einen kleinen Schritt: Nachdem durch das Straffreiheitsgesetz und dessen Bestätigung durch ein Plebiszit eine strafrechtliche Verfolgung nicht möglich war, hatten einige Familienangehörige und Freunde von Opfern andere Wege gesucht, die Schicksale der Verschwundenen aufzuklären.

Die Regierung Lacalle bezahlte ihnen insgesamt über 3 Millionen Dollar, um auf diese Weise ca. 20 Fälle außergerichtlich zu 'schließen'. Das war zwar nicht das, was die Angehörigen primär gewollt hatten (sie wollten Informationen über das Schicksal der Ihren), aber immerhin war es eine wenn auch indirekte Anerkennung der Verantwortlichkeit des uruguayischen Staates.

Muß man Lacalle zugute halten, daß er unpopuläre Maßnahmen in Angriff genommen hat, die von wirtschaftlichem Nutzen für Uruguay waren. Seine Politik wurde jedoch von der Mehrheit der Bevölkerung nicht mitgetragen und gilt deswegen als gescheitert.

Außerdem erlebte die Korruption unter der Regierung Lacalle einen neuen Höhepunkt. Die Blancos waren ausgehungert nach vielen Jahren wieder an die Fleischtöpfe der Macht gekommen.

Jahre später, nach seinem Wahlsieg bei den uruguayischen Präsidentschaftskandidatenwahlen ("Elecciones Internas") vom 28.6. 2009, hat Lacalle das sogar selbst zugegeben, indem er sagte, seine Regierung von 1990 bis 1995 sei "menschlichen Versuchungen" erlegen (s. "Die uruguayischen Vorwahlen 2009" in diesem Magazin).

Am 27. 11. 1994 wurde Julio María Sanguinetti zum zweiten Mal zum uruguayischen Staatspräsidenten gewählt, obwohl nur 24,7% der Stimmen für ihn abgegeben worden waren.

Nach dem damaligen Wahlrecht, dem fast ein Jahrhundert alten sog. "Ley de Lemas" (frei übersetzt: "Prinzip der Wahllisten"), konnten erstens noch mehrere Kandidaten ein und derselben Partei zu den Wahlen antreten, zweitens wurden nach den Wahlen die Stimmen, die die Kandidaten derselben Partei erhalten hatten, addiert und dem zugeschlagen, der die meisten Stimmen bekommen hatte, und drittens wurde derjenige Wahlsieger, dessen Partei die meisten Stimmen erhalten hatte, auch wenn er mit den akkumulierten Stimmen unterhalb der 50%-Marke blieb.

Die meisten Stimmen hatte bei diesen Wahlen der Bürgermeister ("Intendente") von Montevideo erhalten, Tabaré Vázquez vom Frente Amplio. Sanguinetti bekam aber die Stimmen der beiden abgeschlagenen Colorado-Kandidaten (Jorge Batlle und Jorge Pacheco) angerechnet, Alberto Volonté (Partido Nacional) profitierte von den Stimmen der beiden unterlegenen Blancos. Nur Tabaré Vázquez (Frente Amplio) und Rafaél Michelini (Nuevo Espacio; ein Sohn von Zelmar Michelini, s.o.) waren als einzige Kandidaten ihrer Bündnisse bzw. Parteien in den Wahlkampf gezogen.

Das Endergebnis zeigte eine dreigeteilte Wählerschaft:

  • Julio María Sanguinetti (Partido Colorado): 631.025 Stimmen = 31,40%
  • Alberto Volonté (Partido Nacional): 607.388 Stimmen = 30,20%
  • Tabaré Vázquez (Frente Amplio): 603.188 Stimmern = 30,02%
  • Rafael Michelini (Nuevo Espacio): 101.286 Stimmen = 5,04%

Die zweite Regierung Sanguinetti (1995-2000)

Mit denkbar knappem Vorsprung wurde Sanguinetti zum dritten wiedergewählten Staatspräsidenten in der Geschichte Uruguays. Seine zweite Amtsperiode begann am 1. März 1995. Sanguinetti bildete eine Große Koalition mit dem Partido Nacional (vier Minister), dem Partido por el Gobierno del Pueblo (dem Spektrum des Frente Amplio zugehörig; ein Minister), der konservativen Unión Cívica (ein Minister) und arbeitete punktuell (bei Parlamentsabstimmungen) auch mit dem liberalen Nuevo Espacio zusammen.

Wieder einmal zeigte sich die politische Integrationskraft Sanguinettis. Nur so konnte er in den beiden Kammern Gesetze und Staatshaushalte durchbringen, darunter eine Reform des Gesetzes zur sozialen Sicherheit, das mit den Gewerkschaften und Rentnerorganisationen beraten worden war.

Sanguinetti setzte die Privatisierungspolitik seines Vorgängers Lacalle fort. 1996 wurden Teile der Bundesstraßen in Konzession an private Betreiber vergeben. Als Gegenleistung für eine Instandhaltung der Straßen dürfen die Konzessionsnehmer eine Maut kassieren.

Auch für die Betreibung der Straßenparkplätze in Montevideo (Altstadt und Zentrum) wurde Anfang 1996 eine Konzession vergeben. Die Höhe der Maut bzw. Parkplatzgebühren bleibt gesetzlich geregelt, ebenso die Frage wo und wie diese Gebühren erhoben werden dürfen.

Weitere Reformen der Regierung Sanguinetti liegen in den Bereichen Sozialversicherung, Ausbildung und öffentliche Sicherheit.

Sein nachhaltigstes Werk war wohl die Modernisierung des Wahlrechts nebst einer Stärkung der Exekutive gegenüber dem Parlament (1996), wozu es einer Verfassungsänderung und einer Zweidrittelmehrheit der beiden Kammern bedurfte. Nach dem neuen Verfahren kann es nur noch jeweils einen Präsidentschaftskandidaten jeder Partei bzw. jedes Parteienbündnisses geben, der zuvor in allgemeinen Kandidatenwahlen ("Elecciones Internas") zu ermitteln ist.

Sollte keiner der Bewerber bei den nationalen Wahlen mehr als 50% der Stimmen erhalten, wird ein zweiter Wahlgang (Stichwahl / Ballotage) zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen durchgeführt.

Die entsprechende Verfassungsänderung wurde am 8. Dezember 1996 durch ein Referendum von der Bevölkerung mit 50,2% der Stimmen abgesegnet (s. Originaltext der Verfassung Uruguays). Am 14. Januar 1997 traten die neuen Regelungen in Kraft. Bemerkenswert ist, daß auch Sektoren des Frente Amplio um Liber Seregni und Danilo Astori vom Frente Amplio diese Wahlrechtsänderung / Verfassungsreform unterstützten - wohlwissend, daß der Frente Amplio die nächsten Wahlen nach dem alten Wahlrecht ("Ley de Lemas") aller Voraussicht nach gewinnen, nach dem neuen jedoch verlieren würde.

Das Referendum wurde nur mit einer hauchdünnen Mehrheit von rund 15.000 Stimmen gewonnen. Ohne Seregni und Astori wäre diese Mehrheit nie zustande gekommen. Seregni hat das auf dem zweiten Außerordentlichen Parteikongreß des Frente Amplio vom 22. 12. 1996 seinen Parteivorsitz gekostet.

Wirtschaftlich ging es dank Sanguinettis expansiver Wirtschaftspolitik zunächst aufwärts. Während 1995 noch ein Minuswachstum von -2.5% nebst Exportrückgängen zu verzeichnen gewesen waren, legte die Volkswirtschaft 1996 deutlich zu, bei sinkender Inflationsrate, die 1999 bei 6% ankam, für Südamerika damals wie heute ein Wert äußerster Stabilität. Durch den Wirtschaftsboom entstanden neue Arbeitsplätze, die Löhne stiegen, auch die Renten konnten angehoben werden. Diese Steigerung der Kaufkraft stimulierte ihrerseits die Nachfrage und brachte die Wirtschaft weiter in Gang.

Dann begannen die Krisen der Nachbarländer und Partner im Mercosur, zunächst Brasilien (1998/1999), später dann auch danach Argentinien (2001/2002), traditionell die Haupthandelspartner Uruguays, die zu einem dramatischen Nachfragerückgang aus diesen Ländern und damit zu einer Kontraktion der uruguayischen Wirtschaft führten.

Allein Brasilien war Abnehmer von mehr als einem Drittel der uruguayischen Exporte. (Inzwischen gehen über 50% der uruguayischen Warenexporte nach Brasilien!)

So gelangte die Regierung Sanguinetti im ihrem letzten Regierungsjahr (1999) unverdient wieder bei einer Rezession -2,5% an.

Nach seiner zweiten Amtsperiode konnte Sanguinetti nicht als Präsident wiedergewählt werden. So wurde am 25. April 1999 Jorge Batlle vom Partido Colorado zum Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen vom 31. Oktober desselben Jahres nominiert.

Der konzentrierte seinen Wahlkampf auf wirtschaftliche Themen wie Reduzierung der Staatsausgaben, Abbau von Produktions- und Handelshemmnissen und Exportdiversifizierung, versprach den Mercosur anzukurbeln, Investitionen in der Tourismusbranche zu stimulieren, Maßnahmen zur Steigerung der Kaufkraft sowie die Schaffung von Technologie- und Maschinenparks, vor allem im Agrarsektor, die auch der Personalweiterbildung dienen sollten.

Die erste Wahlrunde vom 31. 10. 1999 gewannen wieder Tabaré Vázquez und sein Vize Rodolfo Nin. Hier die Ergebnisse im Einzelnen:

  • Tabaré Vázquez (Frente Amplio): 861.202 Stimmern = 38,95%
  • Jorge Batlle (Partido Colorado): 703.915 Stimmen = 31,84%
  • Alberto Lacalle (Partido Nacional): 478.980 Stimmen = 21,66%
  • Rafaél Michelini (Nuevo Espacio): 97.943 Stimmen = 4,43%

Dr. Julio Maria Sanguinetti (scheidender Regierungschef, rechts) und Dr. Jorge Batlle (gewählter Regierungschef, linksDie Stichwahl vom 28. 11. 1999 (2.402.160 Wahlberechtigte, Wahlbeteiligung 91,83% bei Wahlpflicht) gewannen dann Batlle und sein Vize Hierro mit 51,59% bzw. 1.138.067 Stimmen gegenüber 44,07% bzw. 972.197 Stimmen für Váquez / Nin - dank der Wahlhilfe der Blancos (Partido Nacional), um eine Frente-Amplio-Regierung zu verhindern.

Foto nach dem Bekanntwerden der Ergebnisse der Wahlen vom 28. 11. 1999: Dr. Jorge Batlle (gewählter Regierungschef, links) und Dr. Julio Maria Sanguinetti (scheidender Regierungschef, rechts).

Jorge Batlle hatte es letztlich doch noch geschafft. Nach drei Vorgängerpräsidenten aus dem Stammbaum Batlle kam nun endlich er nach zahlreichen vorausgegangenen gescheiterten Versuchen auch an's Ziel als Vertreter der 'vierten Generation' dieser mächtigen Familie.

Die Regierung Batlle (2000-2005)

Zur Amtseinführung von Jorge Batlle am 1. März 2000 kamen u.a. seine Amtskollegen aus Brasilien, Argentinien, Paraguay, Venezuela und Bolivien.

Jorge Batlle bei seiner Amtseinführung am 1. 3. 2000Seine Präsidentschaft war nicht einfach. Zu der Brasilien-Krise (1998/1999) kam bald die Argentinien-Krise (2001/2002) hinzu. Uruguays Wirtschaft konnte sich diesem Sog nicht entziehen und ging praktisch mit Mann und Maus unter. Unter solch widrigen Bedingungen ist es schwierig als 'guter Präsident' in die Geschichte einzugehen.

Foto: Jorge Batlle bei seinem Amtsantritt am 1. März 2000.

 

Batlle setzte zunächst die Große Koalition fort, wie es unter allen bisherigen Regierungen seit Uruguays Rückkehr zur formalen Demokratie im Jahr 1985 üblich gewesen war.

Am 30. 10. 2002, auf dem Höhepunkt der Krise, wurde diese Koalition jedoch vom Partido Nacional aus wahlstrategischen Gründen gekündigt, verbunden mit den Rücktritten von vier der fünf Blanco-Minister: Sergio Abreu, Minister für Industrie, Energie und Bergbau, Antonio Mercader, Minister für Bildung und Kultur, Ing. Carlos Cat, Minister für Wohungsbau, Landschaftsplanung und Umwelt und Jaime Trobo, Minister für Sport und Jugend.

Der fünfte Minister der Blancos, Dr. Alvaro Alonso, Minister für Arbeit und Soziales, kritisierte diesen Schritt seiner Parteikollegen zunächst als "verantwortungslos", aber nur zwei Wochen später, später, am 13. 11. 2002, folgte auch er. Die Blancos wollten mit Blick auf die nächsten Wahlen im Oktober 2004 nicht für die Folgen der Wirtschaftskrise mitverantwortlich gemacht werden.

Und wieder: Die "Verschwundenen"

Jorge Batlle war der erste Präsident seit dem Ende der Militärdiktatur 1985, der versprach, nach vermißten Dissidenten aus jener Zeit suchen zu lassen, die als "verschwunden" gelten. Seine Amtsvorgänger Sanguinetti und Lacalle hatten in dieser Hinsicht gar nichts oder nur wenig unternommen bzw. Straffreiheitsgesetze erlassen und schwebende Verfahren wegen Menschenrechtsverletzungen während der düsteren Jahre Uruguays archviert oder eingestellt.

Als erste Geste entließ Batlle den Generalstabschef, als dieser sich seinen Absichtserklärungen widersetzte.
Während der ersten Monate seiner Präsidentschaft empfing Batlle Delegationen von Familienangehörigen Verschwundener und schaltete sich persönlich -und ziemlich medienwirksam- in die Aufklärung des Verbleibs einiger geraubter Babies ein. (Einigen weiblichen politischen Gefangenen waren ihre Kinder nach der Geburt weggenommen und zur Adoption gegeben worden.) Durch ein Dekret vom 9. August 2000 schuf Batlle eine sog. "Kommission für den Frieden" ("Comisión para la Paz"), die das Schicksal von 160 zwischen 1973 und 1985 "verschwundenen" Personen aufklären und dokumentieren sollte.

Batlles Initiativen standen nicht im Widerspruch zum Straffreiheitsgesetz für Militärs und Polizeikräfte vom 22. 12. 1986 (s.o.). Dieses sicherte Angehörigen der bewaffneten Verbände nur den Verzicht auf strafrechtliche Verfolgung für vor dem 1. März 1985 begangene Straftaten zu, nicht jedoch den Verzicht auf Aufklärung und Ermittlungen über die Schicksale ihrer Opfer.

Unter dem Strich kam jedoch nicht viel bei diesen Bemühungen heraus. Batlles Initiativen fehlten die nötige Entschlossenheit. Seine Initiativen und Deklarationen waren eher publicityträchtige Posen anstelle einer konsequenten Haltung.

Die Wirtschaftskrise

Deutlichster Ausdruck der Wirtschaftskrise war die von der Regierung verordnete vorübergehende Schließung der uruguayischen Banken vom 30. Juli bis 5. August 2002 und die definitive Schließung der vier Geldinstitute Banco Comercial, Caja Obrera, Banco de Montevideo und Banco de Crédito, von denen die drei erstgenannten später zum "Nuevo Banco Comercial" fusioniert und wiedereröffnet wurden, während die vierte Bank, der Banco de Crédito, in der die Unternehmensgruppe des Sektenführers Moon einen bedeutenden Anteil hatte, für immer geschlossen blieb. (Doch das ist eine andere Geschichte.)

Festzuhalten ist, daß einige der Hauptverantwortlichen dieser Bankencrashs in Uruguay, die die Argentinien-Krise nutzen wollten, um ihre eigenen Schäfchen in's Trockene zu bringen, hinter Gitter gebracht wurden. (Doch auch das ist eine andere Geschichte.)

Der uruguayische Peso verlor innerhalb weniger Wochen die Hälfte seines Werts gegenüber dem US-Dollar (wodurch Uruguay für Europäer und US-Amerikaner zu einem relativen 'Billigland' und erstmals als potentielles Einwanderungsland attraktiv wurde). Die Arbeitslosigkeit schnellte nach oben, v.a. junge Menschen verließen scharenweise das Land. Lt. Angaben des hiesigen Statistischen Bundesamtes -INE- verlegten zwischen 1996 und 2004 122.000 Uruguayer ihren Wohnsitz ins Ausland.

In den sechs vorhergehenden Monaten hatten die uruguayischen Banken fast fünf Milliarden ihrer 13 Mrd USD an Einlagen verloren. Zudem fielen die internationalen Reserven auf 655 Mio. USD (Vorjahresbetrag: 3,1 Mrd. USD). Grund war, daß einige uruguayische Banken in Argentinien noch vor dem Ausbruch der Krise im vergangenen Dezember/Januar offen spekuliert hatten und nun entweder im argentinischen “Corralito” (Einfrieren der Konten) gefangen oder in dubiose Off-shore-Bankgeschäfte verwickelt waren. Dies führte zu einem starken Geldabfluß durch argentinische Anleger, die die Hälfte aller uruguayischen Einlagen stellten, und dann auch durch uruguayische Sparer.

Politisches Handeln konnte hier bestenfalls Schadensbegrenzung sein, und die gelang der Regierung Batlle den Umständen entsprechend gut. Die Bevölkerung trug die Krise mit Fassung, nur am 2. August 2002 kam es zu einigen Plünderungen in der Hauptstadt. Drei der vier geschlossenen Banken wurden mit Regierungsgarantien fusioniert und als "Nuevo Banco Comercial" wieder eröffnet. Nur beim Banco de Crédito fehlte der politische Wille zur Sanierung (er gehörte zur Hälfte der Unternehmensgruppe von Sektenführer Moon).

Der "Corralito" war in Uruguay nur von kurzer Dauer. Danach wurde für die Einleger der betroffenen vier Banken ein Stufenplan zum Zugriff auf ihre Gelder entwickelt, alles mit Rückendeckung der Regierung und auch des IWF, bei dem Uruguay nach wie vor ein "Musterschüler" blieb und der auch bald neue Kredite zur Eindämmung der Krise gewährte.

In einem Zeitungsbericht des LabourNet Germany vom 9. August 2002 stand beispielsweise zu lesen: "Die US-amerikanische Regierung hat kurzfristig 1,5 Milliarden Dollar an die Regierung Uruguays überwiesen, damit diese bis zum Mittwoch die Liqudität ihrer Banken sichern kann. Dann sollte der IWF einspringen. Wieder einmal. [Und tat es auch mit 1,54 Mrd. US-Dollar.] Die US-Regierung unter George Bush hat nicht lange gezögert. Zu viel steht ihrer Ansicht nach auf dem Spiel. Es geht nicht nur um die Einlagen südamerikanischer Sparer. Der Finanzplatz Uruguay steht auf der Kippe. Das Land, einst die "Schweiz der Amerikas", ist eng mit der internationalen Bankenwelt verwoben. Die großen Geldinstitute unterhalten dort "Back Offices", über die viele Geschäfte in Lateinamerika laufen. Das Bankgeheimnis ist rigider als das eidgenössische, die Gesetzgebung über Offshore-Tätigkeit hat sich bewährt. Offshore-Banken und Offshore-Unternehmen sind unbürokratisch und über das Internet zu gründen und gelten weltweit als seriös, nicht zuletzt, weil das uruguayische Justizsystem und die politische Klasse nicht von Korruption zerfressen sind. Kontrollen sind schwach, Aufsichtsbehörden mit wenig Mitteln und Manpower ausgestattet. ... Die Vertretungen der großen Bankhäuser nehmen, ohne personalaufwendige Schaltergeschäfte, (Schwarz-)Gelder entgegen und legen sie in Zürich, New York oder London an, nicht nur buchungstechnisch am Bildschirm, sondern regelmäßig im Geldkoffer in der Businessclass."

Impulsgeber des Mercosur

Am 30. Juni 2000 nahm Batlle an seinem ersten Gipfeltreffen der Mercosurstaaten in Buenos Aires teil. Dort plädierte er für eine Erweiterung des im Entstehen befindlichen gemeinsamen Marktes auf ganz Amerika, beginnend mit einer Aufnahme Chiles. Eines seiner Argumente waren die Importhemmnisse der Europäischen Union für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Südamerika. Sein Hauptaugenmerk galt dabei dem nordamerikanischen Markt (USA, Kanada und Mexiko).

Leider verhallten Batlles Anregungen ungehört.

Weitere Privatisierungen

Schon in den 70er Jahren hatte Batlle im Gegensatz zu vielen seiner Parteifreunde in der Privatisierung von Staatsunternehmen einen vielversprechenden Weg gesehen. Als Präsident wollte er diesen von Lacalle eingeschlagenen und von Sanguinetti fortgesetzten Kurs weiter entwickeln. Als er im Dezember 2000 ankündigte, das Jahr 2001 werde "ein Jahr der Reformen" werden, kündigte Tabaré Vázquez vom Frente Amplio sofort ein "Unwetter von Plebisziten" an.

Und so kam es auch. Als Batlle die Privatisierung der Telefongesellschaft ANTEL voranbringen wollte, strengten die Privatisierungsgegner umgehend ein weiteres Referendum an. Bis zum 19. Februar 2002 sammelten sie sage und schreibe 684.000 Unterschriften für dessen Durchführung, weit mehr als das erforderliche Minimum.

Damit war klar, daß der Gesetzesentwurf der Regierung mehrheitlich per Volksentscheid abgelehnt werden würde. Batlle zog daraufhin den umstrittenen Entwurf zurück - und fuhr fort ANTEL auf anderen Wegen zu privatisieren, vor allem durch Aufsplittung der Servicebereiche und Tertiärisierung.

Mitte 2001 ging der Hafen von Montevideo für 19 Millionen USD an einen privaten Betreiber. Der internationale Flughafen von Montevideo-Carrasco folgte zwei Jahre später. Er wurde am 27. August 2003 an der Börse freigegeben und von einem argentinischen Unternehmer ersteigert.

Trotz seiner positiven Bemühungen war das Gesamtbild der Regierung Batlle in der Bevölkerung schlecht. Die importierte Wirtschaftskrise, verbunden mit Bankenschließungen, war dem Ansehen der "traditionellen Parteien" nicht förderlich.

Auch daß Batlle seinem Ruf und eigenen Slogan gerecht wurde, daß er immer sagt, was er denkt ("Te canta la justa"), auch vor offenen Mikrophonen, änderte daran wenig.

Nach Ablauf seiner Amtsperiode war die Zeit für den Frente Amplio gekommen.

12. Historischer Wechsel

Die erste Regierung des Frente Amplio (2005-2010)

Wahlen in Uruguay, 31. 10. 2004 - Straßenszene in Montevideo nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen, 31. 10. 2004Am 31. 10. 2004 hat Uruguay erneut gewählt - und sich für einen historischen Wandel oder zumindest Versuch entschieden. 188 Jahre nach der Niederlage des Nationalhelden, Freiheitskämpfers und Sozialrevolutionärs José Artigas (im Jahre 1817), 180 Jahre nach Ausrufung der nationalen Unabhängigkeit (am 25. 8. 1825) und 177 Jahre nach deren Erlangung (am 27. 8. 1828) kam damit am 1. März 2005 erstmals wieder eine linke Kraft an die Schaltstellen der politischen Macht in Montevideo.

Foto: Straßenszene in Montevideo nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen, 31. 10. 2004.

169 Jahre ununterbrochener Herrschaft von Colorados und Blancos (seit der Gründung dieser Parteien im Jahre 1836) fanden ihr Ende.

Niemand bezweifelt, daß die traditionellen Parteien viel für dieses Land geleistet haben. Vor allem die Colorados haben Uruguay in jahrzehntelanger, nahezu ununterbrochener Herrschaft aufgebaut und unter Präsident José Batlle y Ordóñez Anfang des 20. Jahrhunderts in die "Schweiz der Amerikas" verwandelt, das diesen Namen bis in die 50er Jahre auch zu Recht trug (s. die Präsidenten Uruguays).

Aber allzu viele Jahrzehnte (oder Jahrhunderte?) an der Macht korrumpieren. Deswegen gaben die Uruguayer 2004 einer neuen Kraft eine Chance.

Tabaré Vázquez Rosas, der neue Präsident Uruguays, am 1. 3. 2005

Foto: Tabaré Vázquez grüßt die applaudierende Menge als frischgebackener Präsident vom Balkon des Palacio Estévez (erbaut 1873-74) an der Plaza Independencia (Montevideo, 1. 3. 2005).

Tabaré Vázquez und sein Vize Rodolfo Nin Novoa am 1. März 2005 vor dem Parlamentsgebäude (Palacio Legislativo), wo er wenig später die Präsidentenschärpe erhielt.

Ein emblematisches Bild: Tabaré Vázquez und sein Vize Rodolfo Nin Novoa am 1. März 2005 vor dem Parlamentsgebäude (Palacio Legislativo), wo Vázquez wenig später die Präsidentenschärpe erhielt.

Erklärtes Ziel der Vázquez-Regierung war und ist es Uruguay in allen Bereichen zu modernisieren und für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Die Schwerpunkte beim Regierungsantritt waren:

  • Produktives Uruguay: Ankurbelung der Produktion und Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Förderung inländischer und ausländischer Investitionen.
  • Solidarisches Uruguay: Soforthilfe für die Ärmsten und Einführung eines Bürgergeldes.
  • Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion und Sofortmaßnahmen für verschuldete Landwirte.
  • Aussöhnung der Gesellschaft und Aufklärung der Schicksale der "Verschwundenen".

 


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