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Auswandern nach Uruguay

Auswandern nach Uruguay

Berlin: Samstag 20.04.24 10:49 | Montevideo: Samstag 20.04.24 05:49

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Autofahren in Uruguay

Geschrieben von Manfred Burger   
Erstellt: Sonntag, 20. April 2008

In Uruguay Auto zu fahren ist ein Vergnügen. Die Rambla (Küstenstraße) von Montevideo entlang zu tuckern ist einfach wunderbar, und obwohl ich schon seit 1992 hier lebe und sie mehrmals wöchentlich befahre, genieße ich diese Strecke und ihre 'Blicke' jedes Mal auf's Neue. (Bei Regen etwas weniger, zugegeben.) Es gibt da so ein paar Kurven, da hat man eine besonders schöne Aussicht. 

Viele Straßen mitten in der Kapitale sind Alleen, die richtige Laubdächer bilden, was vor allem zur Sommerzeit sehr angenehm ist.

Ach ja, und bevor ich's vergesse: Staus gibt es hier nicht. Radiosender, die Staumeldungen bringen, hätten hier keine Existenzgrundlage. Nur auf der Rambla von Montevideo und auf der Avenida Italia gibt es manchmal zu Stoßzeiten an bestimmten, wenigen Stellen Stop-and-go-Verkehr im Schrittempo. Aber das dauert immer nur ein paar Minuten, dann ist wieder alles im Fluß.

Natürlich gibt es auch außerhalb Montevideos sehr schöne Strecken, etwa die Königspalmenallee vor San José de Mayo auf der Ruta 11, oder die Alleestraße zwischen La Floresta und Soca. Zum Reizvollsten gehören die Küstenstrecken zwischen Solis und Piriápolis und von Punta Ballena nach Punta del Este.

Eine ganz andere Art von Schönheit, mit viel Hügelland und Grün, kann man etwa auf der Ruta 12 und der Panoramastraße Ruta 81 genießen. Nicht zufällig wurde hier auch das einzige buddhistische Kloser im spanischsprachigen Raum errichtet.

Das sind nur ein paar wenige meiner Favoriten, und Sie merken schon, mir gefallen Küste und Hügelland. Es gibt noch viel mehr schöne Strecken hier, doch etwas müssen und möchten Sie ja auch selbst entdecken, nicht wahr? 

Andere Länder, andere Sitten: Was einem Neuling zuerst auffällt

Einige Dinge im Straßenverkehr sind hier definitiv anders als in Deutschland / Europa. Als Erstes fällt einem Autofahrerneuling auf, daß die Ampeln nicht da stehen, wo man bei Rot anhalten muß, sondern hinter den Kreuzungen (wie auf dem gesamten amerikanischen Kontinent). Wenn Sie hier direkt vor einer Rotampel stoppen, sind Sie geliefert, denn dann kommen die Anderen von rechts angerauscht. Man muß ein Feeling dafür entwickeln, wo man seinen Wagen zum Stehen bringen muß.

Als Zweites fällt einem Newcomer auf, daß man oft nicht weiß, ob man sich auf einer Vorfahrtstraße oder einer Nebenstraße befindet. Die Hauptstraßen sind nämlich hier nicht ausgeschildert, nur die Nebenstraßen haben "Vorfahrt achten" oder "Stop"-Zeichen. Aber das weiß man als Neuling nicht, und es ist ziemlich verwirrend. (Und später, wenn man es dann weiß, sollte man trotzdem nicht blind vertrauen, solange man sich noch nicht auskennt, wenn man sich einer Kreuzung nähert und keines der genannten Schilder sieht, denn das "Vorfahrt achten" oder "Stop"-Schild könnten ja einfach vergessen worden sein...)

Manchmal sind Nebenstraßen auch durch an der Kreuzung durchgezogene weiße Linien gekennzeichnet. Auch das muß man erst einmal erfahren, und man muß einen Blick für diese Striche entwickeln...

Hinzu kommt, daß es hier geheime Vorfahrtsregeln gibt, die zwar nirgendwo schriftlich festgelegt sind, aber trotzdem gelten. Im Zentrum und der Altstadt von Montevideo hat, wenn keine Ampeln oder Verkehrzeichen da sind, faktisch der Vorfahrt, der parallel zur Küste fährt, oder in Ost-West-Richtung, wenn Sie so wollen. Aber wenn man neu ist, ist man oft schon froh, wenn man überhaupt ungefähr weiß, wo man sich befindet. Ob man aber gerade parallel oder quer zum Verlauf des Rio de la Plata fährt, das ist Insiderwissen für Fortgeschrittene. Weiter erschwerend kommt hinzu, daß einem diese Geheimregel ja von niemand mitgeteilt wird. Darauf muß man selbst kommen, nach einigen Erfahrungen. So mancher hält auch noch nach Jahren vorsichtshalber an jeder Kreuzung in Montevideo an, denn man weiß ja nie...

Im Landesinneren gibt es übrigens eine ähnliche ungeschriebene Regel. Hier hat Vorfahrt, wer Richtung Montevideo fährt. Kommentar wie oben.

Eine weitere ungewohnte Regel ist, daß man auf zweispurigen Straßen mit Gegenverkehr nicht links abbiegen darf, außer wenn dies explizit ausgeschildert ist. Darauf muß man auch erst einmal kommen. Was habe ich mir da anfangs für Hupkonzerte geerntet, ergänzt durch Vogel zeigen und Stinkefinger, nur weil ich links abgebogen bin, z. B. von der Rambla in die Av. Luis Alberto de Herrera (fast ein Kamikaze-Manöver, wenn ich mir das jetzt bildlich vergegenwärtige...).

Der erste Ausflug in's Landesinnere, Richtung Norden, kann für einen Neuling auch die eine oder andere Überraschung bergen. Nicht nur, daß Uruguay an recht vielen Stellen (um nicht zu sagen: den meisten) ziemlich menschenleer ist. Man kann hier stundenlang durch die Landschaft fahren ohne einer Menschenseele zu begegnen, ja nicht einmal einem Rindvieh, denn die halten sich auf ihren großen Weiden nicht unbedingt in der Nähe der Straßen auf.

Das heißt aber auch: Auf so mancher Strecke im Landesinneren gibt es kaum Tankstellen oder gar keine. Wie sollten die auch ohne Kundschaft überleben? Angebot und Nachfrage... Doch bei seinen ersten Exkursionen hat man das noch nicht 'im Hinterkopf', und wenn der Sprit dann zur Neige geht... Man weiß ja auch noch nicht, daß man in kleinen Tante-Emma-Läden, die manchmal am Straßenrand stehen, nicht nur Getränke, sondern auch ein paar Liter Kraftstoff im Kanister kaufen kann...

Bei späteren Ausfahrten in's Hinterland sorgt man dann vor und fährt vollgetankt los, mit gefülltem Ersatzkanister im Kofferraum.

Zweite mögliche Überraschung für Uruguay-Neulinge bei Fahrten durch's Landesinnere: Was auf der Landkarte so schön als "Ruta" eingezeichnet ist, ist nicht immer das, was man erwartet. In Uruguay gilt die Regel: Alle (richtigen) Straßen führen nach Montevideo. Die sind auch alle gut ausgebaut, die Ruta 1 von Montevideo nach Colonia, die Ruta 5 von Montevideo nach Rivera, und die Straße nach Punta del Este sowieso. Auch die Ruta 8 nach Melo ist gut, auch die Straßen am Rio Uruguay entlang sind in Ordnung (von Colonia nach Artigas), und viele andere auch. Aber wenn Sie im Hinterland in Ost-West-Richtung fahren wollen oder müssen, dann können Sie Pech haben, oder, anders formuliert, in's Staunen kommen, wie es mir auf meinem ersten Uruguay-Trip erging, als ich von El Chuy nach Treinta y Tres wollte. Die 'Ruta' entpuppte sich als Erdstraße. Als ich darauf einbog, scheuchte ich erst mal einen Schwarm Wellensittiche auf...

In so einem Fall müssen Sie dann statt einer Reisegeschwindigkeit von 90 km/h 30 ansetzen, was die Tagesplanung so ziemlich über den Haufen werfen kann.

Und noch etwas: Die Ortsstraßen so mancher Gemeinde im Landesinneren sind nicht asphaltiert, v.a. wenn man sich von den Durchgangsstraßen entfernt. Besonders die Ciudad de la Costa, zu der auch mein geliebtes El Pinar gehört, ist für ihre Schlaglochpisten berüchtigt (ursprüngliche Naturstraßen, die sich durch Regen und Verkehr deformiert haben und zu wenig in Stand gehalten werden). Hier ansäßige Witzbolde sagen aus diesem Grund gern, sie wohnten in "Pocitos" (der Name eines Nobelquartiers von Montevideo). "Pocitos" bedeutet nämlich... "Erdlöcher" (auch "Brunnen").

Geordnetes Chaos im Straßenverkehr

In Uruguay gelten praktisch dieselben Verkehrsregeln wie in Deutschland, auch hier gilt "rechts vor links" usw., aber es ist alles lockerer, es herrscht nicht so eine Verbissenheit. Es gibt keine Radarfallen, keine blitzenden Kameras und nur wenige Kontrollen. Hier herrscht noch weitgehend Freiheit im Straßenverkehr.

Positiv formuliert könnte man sagen, hier macht jeder, was er will. "Geordnetes Chaos" ist das Stichwort. Man muß nur die (teilweise geheimen) Spielregeln kennen, dann kommt man auch hier gut zurecht. Viele haben es schon vor Ihnen geschafft, und Sie werden das auch hinkriegen!

Als ich hier angekommen bin, Anfang der 90er Jahre (im April 1992, um genau zu sein), da fuhren hier alle wie die sprichwörtlichen 'Sonntagsfahrer': schusselig und ohne Vision vom Straßenverkehr. Aus den Nebenstraßen wurde eingebogen, ohne nach links oder rechts zu schauen. Gestern kam hier ja auch nichts, warum sollte also heute ein Auto kommen? Meine damalige Frau wolle aus unserem Pick-up aussteigen und nicht mehr weiter fahren, als sie das zum ersten Mal sah...

Heute jedoch scheinen sich alle wie Emerson Fittipaldi oder Michael Schuhmacher in Person zu fühlen, einmal abgesehen davon, daß die sich eher auf Rennpisten austobten und nicht unbedingt auf normalen Verkehrsstraßen.

Hier wird links überholt, rechts überholt, und auch in der Mitte, darüber und darunter, wenn es denn ginge. Es werden dritte Spuren aufgemacht, wo eigentlich nur zwei sind, und die Oberschlauen achten an Kreuzungen auf die Ampeln des Querverkehrs und fahren schon los, wenn deren Licht von grün auf gelb umspringt. Fahrspuren werden gewechselt, als wären sie nicht vorhanden, am liebsten in Kurven, und die Blinker haben die Autohersteller sowieso nur zur Zierde angebracht.

Die Schlimmsten sind die Berufskraftfahrer, v.a. die Taxichauffeure (besonders wenn sie keine Passagiere an Bord haben) und Busfahrer. Die machen alles, was man sich vorstellen kann oder auch nicht. Das erste Erlebnis im neuen Land, die Taxifahrt vom Flughafen Carrasco die Stadt (19 km), bleibt für viele Neuankömmlinge ein unvergeßliches Erlebnis, geprägt von Adrenalinschocks.

Doch wissen Sie was? Die meisten Ausländer fahren hier nach kurzer Zeit wie die Uruguayer. Es ist einfach ansteckend, es macht Spaß. Geordnetes Chaos...

Dennoch, für manchen Europäer ist Auto fahren in Montevideo eine Art Abenteuer, und der eine oder andere parkt sein Gefährt lieber irgendwo am Stadtrand der Kapitale und erledigt seine Besorgungen in derselben per Taxi oder Bus.

Aber sollten Sie mal in Buenos Aires Auto fahren, werden Sie sich Hände ringend nach Montevideo zurück sehnen! So ein Inferno haben Sie verkehrsmäßig noch nicht erlebt, weder in Mexiko City, sollten Sie schon einmal dort gewesen sein, noch in Sao Paolo noch in Madrid oder Frankfurt am Main! 

Von der Pferdekarre bis zum neuesten Mercedes

Anders als in Europa wird hier nicht alle zwei Jahre ein neues Auto gekauft. Das ist im Prinzip ja auch nicht schlecht, denn, Hand auf's Herz, wozu braucht man ständig eine neue Kiste, wenn es die 'alte' doch noch tut?

Hier sieht man zwar viele neue Automodelle, und es werden immer mehr. Ein Kunde von mir hat unlängst sogar den ganz neuen Mercedes hier gesichtet – noch bevor dieser in Deutschland auf dem Markt war. (Was war das nochmal für ein Modell, Jürgen?) Andererseits zirkuliert hier aber auch noch so manche Rostlaube. Da würde man in Deutschland stante pede verhaftet werden, würde man sich mit so etwas auf die Straßen trauen.

Damit sind nicht die gepflegten Oldtimer gemeint, die man hier noch überraschend häufig antrifft (z.T. sogar Modelle aus den Zwanziger Jahren!) und die noch 1A in Schuß sind.

In Montevideo gibt es zwar schon seit langem einen TÜV mit vorgeschriebenen regelmäßigen Kontrollen, doch wer auf sein altes Gefährt nicht verzichten wollte oder konnte, der meldete es eben in einem der anderen 18 Bundesländer ("Departamentos") an. Dann konnte er damit fahren, bis die Karre auseinander fiel.

Das soll sich nun zwar durch die neue Straßenverkehrsgesetzgebung ändern, die seit der Osterwoche 2008 in Kraft ist (s.u.). Danach sind technische Fahrzeuginspektionen jetzt landesweit vorgeschrieben. Aber es wird noch eine ganze Weile dauern, bis das landesweit gegriffen hat.

In der Hauptstadt sieht man veeinzelt noch Pferdewagen, die viele Neuankömmlinge irrtümlich für die städtische Müllabfuhr halten. Das liegt daran, daß die meist 'verwegen' aussehenden Kutscher dieser Gefährte in den Mülltonnen wühlen und einen Teil deren Inhalts mitnehmen: Glas, Papier, Pappe, Plastik – alles, was noch irgendwie verwert- und verkaufbar ist. Damit erfüllen sie eine im Prinzip nützliche soziale und ökologische Funktion, denn Mülltrennung gibt es hier in Uruguay noch nicht, bzw. sie steckt sehr in den Kinderschuhen. Aber aus der Autofahrer-Perspektive sind diese langsam dahin zuckelnden Karren, gezogen von meist schlecht genährt aussehenden Gäulen, schlicht ein Verkehrshindernis. In den hiesigen Medien, v.a. in der größten Tageszeitung, "El Pais", wird auch regelmäßig dagegen polemisiert.

Eine Versicherungspflicht für Kfz ist zwar neuerdings in Uruguay vorgeschrieben (seit der Osterwoche 2008, s.u.), allerdings nur gegen Personenschäden, doch bis sich das flächendeckend durchgesetzt hat, wird noch viel Wasser den Rio de la Plata hinunter fliessen.

Wenn man hier unverschuldet in einen Unfall verwickelt ist und der Unfallgegner hat keine Versicherung, hat man ganz einfach die A....karte gezogen. Man kann dann zwar den Klageweg beschreiten, aber das dauert, erstens, und zweitens: Wo nichts zu holen ist, ist eben nichts zu holen. Damit halst man sich nur noch zusätzlichen Streß und Kosten auf.

Bleibt zu hoffen, daß diese Situation durch die neue Gesetzgebung normalisiert wird. Solange das nicht der Fall ist, ist jedem zu empfehlen eine Vollkaskoversicherung für sein Kfz abzuschließen.

Strafzettel, was ist das?

Radarfallen gibt es in Uruguay nicht. Ich habe zumindest in 16 Jahren noch keine gesehen. Geschwindigkeitskontrollen anderer Art gibt es faktisch ebenfalls nicht. Ebensowenig gibt es an den Kreuzungen installierte Kameras. Das heißt, wer bei Rot über die Ampel rauscht und Glück hat, dem passiert nichts.

Alkoholkontrollen haben in der letzten Zeit etwas zugenommen. Mir persönlich ist jedoch noch nichts von alledem untergekommen, und ich bin viel mit dem Auto unterwegs.

Hier steht zwar viel Verkehrspolizei, vor allem an den Landstraßen ("Rutas"), aber die hat eher eine präventiv-mahnende Funktion und dient zur Beobachtung des Verkehrsflusses. Wirkliche Kontrollen werden eher selten durchgeführt und betreffen dann meist Lkws, zur Überprüfung der Frachtpapiere, und Motorrad-/Mopedfahrer, zur Kontrolle von Führerschein und Fahrzeugpapieren.

Strafzettel bekommt man hier (in Montevideo) vor allem wegen Falschparkens. In der Altstadt und im Zentrum herrscht an vielen Stellen Parkverbot, bzw. man muß Parkgebühren entrichten. (In den anderen Stadtvierteln Montevideos und im Landesinneren ist das nicht so bzw. weit lockerer.) Das Ganze wird von einer privaten Konzessionsfirma betrieben, die äußerst effizient ist (und wohl die meistgehaßte Firma von ganz Uruguay).

Wenn man im Parkverbot erwischt wird, kommt gleich der Abschleppwagen. Überschreitet man die Parkzeit (oder hat nicht bezahlt), wird ein Bußgeld fällig. Wird man ein zweites Mal erwischt und hat die vorige Strafe noch nicht beglichen, bekommt man die Kralle an ein Rad. Dann muß man erst zu einer autorisierten Zahlstelle der Firma gehen (davon gibt es viele in der Innenstadt) und beide Bußgelder entrichten. Danach wird die Kralle wieder entfernt. Pech nur, wenn man gerade nicht soviel Zaster dabei hat und einem sowas passiert.

Sie merken, ich spreche aus Erfahrung. Einmal hing mein Auto nach nur zwei Minuten schon am Kran. Ich hatte nur ein Kuvert abgegeben und keinen anderen Stellplatz gefunden. Außerdem hatte mein Wagen niemanden behindert. Da kam ich zum Glück mit einer nur einfachen Buße davon.

Noch eine Anekdote zu Rotampeln. Es gibt hier zwar keine installierten Kameras. Aber manchmal verstecken sich Verkehrspolizisten in der Nähe von Ampeln, die 'gerne' von den Autofahrern ignoriert werden. Zum Beispiel hier in El Pinar gibt es eine Fußgängerampel, die fast vollkommen für den A.... ist. Jeder hier kennt sie, und wenn kein Fußgänger weit und breit in Sicht ist, dann fährt der ein oder andere schon auch mal bei Rot drüber, vor allem, wenn man's eilig hat. So auch ich – und einmal tauchten dann hinter'm Busch zwei breit grinsende Vekehrspolizisten auf, die Handzeichen zum Anhalten machten. Künstlerpech...

Bußgelder muß man hier auf dem Straßenverkehrsamt bezahlen. Tut man das nicht, tauchen sie im nächsten Kfz-Steuerbescheid mit auf, plus Versäumnisgebühren. 

Geschwindigkeitsbegrenzungen

Die geltenden Höchstgeschwindigkeiten sind, wenn nicht anders ausgeschildert:

  • Geschlossene Ortschaften: 45 km/h

  • Verkehrsberuhigte Zonen: 5 km/h

  • Außerhalb geschlossener Ortschaften ("Rutas nacionales"): 90 km/h

Hier hält sich jedoch fast niemand an diese Begrenzungen. Wenn man das täte, würde man sozusagen zum Verkehrshindernis werden und das Unfallrikiko für sich und Andere erhöhen. Auch die Ampelschaltungen sind nicht an die verordneten Höchstgeschwindigkeiten angepaßt.

In Montevideo z.B. wird munter mit 80, 90 Sachen gefahren, wo immer die Situation es erlaubt, vor allem auf den großen Verkehrsadern wie etwa der Küstenstraße ("Rambla"). In einigen Wohngebieten wurden deshalb Asphaltschwellen ("Lomadas") über gewisse Straßen gezogen – eine billige und höchst wirksame Methode zur Geschwindigkeitsreduzierung.

Auch auf den Rutas wird schneller als 90 gefahren. Die Uruguayer sind zwar nicht unbedingt Raser. Ein Auto, das mehr als 150 Sachen drauf hat, wird man hier selten sehen. Aber 90 km/h ist den meisten doch zu langsam. 

Neue Straßenverkehrsgesetzgebung

Nach langen Diskussionen wurde am 30. Oktober 2007 vom Parlament ein neues Straßenverkehrsgesetz verabschiedet (Ley 18.191), das viele sinnvolle und überfällige Neuerungen bringt. (Hier finden Sie den spanischen Originaltext des Gesetzes, hier dessen Resumée in der Tageszeitung "El País".) Am 8. Dezember 2007 trat es offiziell in Kraft, bis zur Osterwoche 2008 hatten die Leute Zeit sich und ihre Fahrzeuge der neuen Gesetzgebung anzupassen, d.h. die Nichteinhaltung der neuen Bestimmungen wurde in dieser Übergangszeit nicht geahndet.

Zwei der wichtigsten grundsätzlichen Veränderungen sind, daß die den Straßenverkehr betreffenden Bestimmungen nun auf dem gesamten nationalen Territorium gleich sind, einschließlich der vorgesehenen Strafen und auch der Führerscheinprüfungen, und daß ein zentrales Register für Kfz und Fahrer ("Registro Único de Conductores y Vehículos") eingeführt wird, eine Art länderübergreifendes Kraftfahrt-Bundesamt, in dem alle zugelassenen Fahrzeuge und Führerscheininhaber registriert sind.

Bisher war es übliche Praxis gewesen, daß jemand, dem der 'Lappen' aus welchem Grund auch immer entzogen worden war, sich in einem anderen Departamento einfach einen neuen besorgt hat. Oder wer die Führerscheinprüfung nicht schaffte, warum auch immer, machte sie einfach nochmal in einem anderen Bundesland mit geringeren Anforderungen - einmal ganz davon abgesehen, daß man Führerscheine und Kfz-Zulassungen in einigen Gemeindeverwaltungen mit Beziehungen schlicht und einfach kaufen konnte. Mit solchen Praktiken soll nun Schluß sein.

Die neue Gesetzgebung schreibt erstmals Dinge vor, die eigentlich selbstverständlich sind, schon vom gesunden Menschenverstand her, z.B. daß Fahrräder und motorisierte Zweiräder mit Bremsen ausgestattet sein müssen, oder daß Motorradfahrer Helme tragen müssen (Fahrer und Sozius).

So unglaublich das klingen mag, aber Fahrräder ohne Bremsen, und natürlich auch ohne Licht und Schutzbleche, gab und gibt es hier tatsächlich. Sie stellen eine Gefahr dar, nicht nur für die betreffenden Radler, sondern auch für andere Verkehrsteilnehmer.

Weitere wichtige obligatorische Bestimmungen der neuen Gesetzgebung sind:

  • Kfz-Haftpflicht für Personenschäden gegen Dritte

  • Periodische technische Fahrzeuginspektionen ("Inspección Técnica Vehicular")

  • Einhaltung der Abgasnormen

  • Anschnallpflicht vorne und hinten

  • Kinder unter 12 Jahren müssen hinten sitzen

  • Promillegrenze: 0,8‰* (Berufskraftfahrer: 0,0‰)

*Soll spätestens 2010 auf 0,3‰ reduziert werden.

  • Fahren mit Abblendlicht (bzw. Fernlicht bei Dunkelheit ohne Gegenverkehr)

  • Keine Handy-Benutzung während des Fahrens durch den Fahrer

  • Kein Mate-Trinken während des Fahrens durch den Fahrer

  • Keine unautorisierten Rennen ("Picadas") auf öffentlichen Straßen

Derartige Veranstaltungen kommen unter Jugendlichen immer mehr in Mode.

  • Mopedführerschein ab 16, Motorradführerschein ab 18 Jahren

Die Einführung einer einheitlichen Kfz-Besteuerung ("Patente Única de Rodados"), verbunden mit der Auflage, seine Fahrzeuge in dem Bundesland zuzulassen, wo man seinen Hauptwohnsitz unterhält, wird in Kürze folgen. Schon seit fast fünf Jahren in der öffentlichen Diskussion, wurde diese Idee bisher von einigen konservativen Landesfürsten blockiert, die dadurch ihre Länderautomonie bedroht sehen. Aber die werden ihre Haltung bald aufgeben müssen, da diesbezüglich inzwischen ein parteiübergreifendes Einvernehmen besteht. Der Steuersatz für Neuwagen für 2008 steht jedenfalls schon fest: 4,5% des Kaufpreises.

Bisher konnte man sein Auto anmelden, wo man wollte, was dazu führte, daß in steuergünstigen Departamentos wie San José, Flores oder Maldonado überproportional viele Fahrzeuge zugelassen waren.

 


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